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Das Leben nach dem LIBOR

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Rod Paris, Chief Investment Officer (CIO) bei Aberdeen Standard Investments Was passiert, wenn die "wichtigste Zahl der Welt" verschwindet? Rod Paris, CIO bei Aberdeen Standard Investments, zeigt das Szenario auf, dem sich die Finanzindustrie in den kommenden Jahren gegenübersieht, sobald der London Interbank Offered Rate (LIBOR) ausläuft. Das LIBOR‐Ökosystem der Zinssätze ist seit den 1960er Jahren eine tragende Säule der Finanzindustrie. Im Wesentlichen ist der LIBOR eine Schätzung von einigen der grössten Banken der Welt, was sie für die Kreditvergabe an ihre Bankgenossen verlangen würden. Derzeit liefern diese Interbankenzinsen die Benchmarks für globale Transaktionen in einer Grössenordnung von mehreren hundert

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Rod Paris, Chief Investment Officer (CIO) bei Aberdeen Standard Investments

Was passiert, wenn die "wichtigste Zahl der Welt" verschwindet? Rod Paris, CIO bei Aberdeen Standard Investments, zeigt das Szenario auf, dem sich die Finanzindustrie in den kommenden Jahren gegenübersieht, sobald der London Interbank Offered Rate (LIBOR) ausläuft.

Das LIBOR‐Ökosystem der Zinssätze ist seit den 1960er Jahren eine tragende Säule der Finanzindustrie. Im Wesentlichen ist der LIBOR eine Schätzung von einigen der grössten Banken der Welt, was sie für die Kreditvergabe an ihre Bankgenossen verlangen würden. Derzeit liefern diese Interbankenzinsen die Benchmarks für globale Transaktionen in einer Grössenordnung von mehreren hundert Billionen US‐Dollar.

"Aber es gibt Probleme mit dem LIBOR", sagt Rod Paris, Chief Investment Officer (CIO) bei Aberdeen Standard Investments. Seit der globalen Finanzkrise gebe es nicht mehr so viele Interbankenkredite wie früher. Die LIBOR‐Schätzungen der Banken basierten daher eher auf Ermessensentscheiden als auf tatsächlichen Transaktionen. Infolgedessen – und wie mehrere Skandale gezeigt hätten, waren die angebotenen Interbankenzinsen anfällig für Manipulationen durch skrupellose Händler. Mehrere Händler wurden inhaftiert und verschiedene Banken schwer bestraft.

Neue Benchmarks
Daher wurde der LIBOR als nicht mehr brauchbar beurteilt. Aufgrund der damit verbundenen Verhaltensrisiken haben sich die Banken zunehmend geweigert, ihre LIBOR‐Einreichungen zu veröffentlichen. Die britische Financial Conduct Authority hat angekündigt, dass sie dies ab Ende 2021 nicht mehr tun müssen. "Wir werden uns also in einem völlig anderen Umfeld befinden, in dem einige LIBOR‐Sätze nicht ausreichend unterstützt werden", erklärt Paris: "Die LIBOR‐Benchmarks werden durch eine Vielzahl neuer risikofreier Zinssätze (RFRs) ersetzt."

In Grossbritannien wird SONIA, der Sterling Overnight Index Average, die neue Benchmark sein. Diese RFR gibt es zwar seit 20 Jahren, aber sie wird seit April 2016 von der Bank of England (BoE) verwaltet. Die BoE hat im April 2018 gar eine reformierte Version eingeführt. Da SONIA auf tatsächlichen Transaktionen und nicht auf Schätzungen basiere, sei sie viel robuster, so Paris.

In den USA veröffentlicht die US‐Notenbank nun den Secured Overnight Financing Rate (SOFR), der laut dem CIO von Aberdeen SI als robust und als ein solider Bezugspunkt angesehen werden kann. In der Eurozone sei das Bild hingegen weniger klar; eine Möglichkeit sei, dass ESTER, der Euro Short‐Term Rate, die Interbankenzinsen ersetzen wird. "In der Zwischenzeit werden andere regionale RFRs die Akronym‐Suppe verdicken", sagt Paris.

Es gibt viel zu tun für die Finanzinstitute
Der eigentliche Prozess der Umstellung vom LIBOR‐Ökosystem auf die neuen RFRs stelle jedoch eine grosse Herausforderung dar. Es gehe nicht nur darum, RFRs für neue Verträge zu verwenden. Während die Zahl der Transaktionen mit SONIA und SOFR als Benchmark deutlich zugenommen hat, stellen bestehende Verträge nach wie vor ein Problem dar. "Angesichts der unzähligen Verträge, die vom LIBOR abhängen und jeden Tag mehr geschaffen werden, gibt es für fast jedes Finanzinstitut auf der Welt viel zu tun", erwartet Paris und fügt an: "Hier sind Rückfallklauseln entscheidend. Viele Verträge enthalten Bestimmungen für den Fall, dass der LIBOR nicht verfügbar wird. Aber im Allgemeinen wurde von einer vorübergehenden Unterbrechung und nicht von einer dauerhaften Pensionierung des LIBORs ausgegangen.

"Daher könnte die Anwendung dieser Klauseln unerwünschte Folgen wie unbeabsichtigte Wertübertragungen zwischen den beteiligten Parteien mit sich bringen. Es besteht das Risiko einer Instabilität des Finanzsystems, wenn eine Vielzahl von Verträgen plötzlich mit einer anderen Rate bewertet wird", erklärt Paris. Dementsprechend prüfe die International Swaps and Derivatives Association die Auswahl geeigneterer Rückfallklauseln.

Mit all dem im Spiel werde 2019 ein wichtiges Jahr. Alle Finanzinstitute müssten sicherstellen, dass ihre Vorbereitungen für das Ende des LIBOR‐Programms auf einem guten Weg sind. Das sei eine Aufgabe, die man nicht unterschätzen sollte. "Es besteht kein Zweifel daran, dass die Umstellung auf RFRs für die langfristige Gesundheit der Finanzindustrie notwendig ist. Die RFRs sollten sich als robuster und zuverlässiger erweisen. Dennoch ist ihre Einführung eine der grössten Veränderungen, mit denen sich die Märkte in ihrem Leben konfrontiert sahen", stellt Paris fest. 


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