Von Olivier Kessler (Blog von Olivier Kessler) – Die SRF-Arena-Sendung vom 2. Februar 2018 war ein weiteres Musterbeispiel für journalistisches Versagen beim Staatssender SRG. Nachfolgend einige pikante Hintergründe zur gestrigen Sendung. Kurz vor der Sendung instruierte Moderator Jonas Projer die Gäste, wie er sich den Ablauf der Sendung vorstellte. Er erwähnte dabei, dass er zwei Einzelinterviews plane mit Bundesrätin Doris Leuthard und mit mir. Der Plan lautete also folgendermassen: Ein Zwangsgebühren-Profiteur (Projer) interviewt eine Zwangsgebühren-Befürworterin (Leuthard) und
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Von Olivier Kessler (Blog von Olivier Kessler) – Die SRF-Arena-Sendung vom 2. Februar 2018 war ein weiteres Musterbeispiel für journalistisches Versagen beim Staatssender SRG. Nachfolgend einige pikante Hintergründe zur gestrigen Sendung.
Kurz vor der Sendung instruierte Moderator Jonas Projer die Gäste, wie er sich den Ablauf der Sendung vorstellte. Er erwähnte dabei, dass er zwei Einzelinterviews plane mit Bundesrätin Doris Leuthard und mit mir. Der Plan lautete also folgendermassen: Ein Zwangsgebühren-Profiteur (Projer) interviewt eine Zwangsgebühren-Befürworterin (Leuthard) und anschliessend interviewt nochmals ein Zwangsgebühren-Profiteur (Projer) ein No-Billag-Befürworter (mich). Ein offensichtliches Missverhältnis, denn wer die Fragen stellt, der lenkt die Diskussion – das weiss jedes Kind.
Vor der ganzen Runde fragte ich also Jonas Projer zunächst, ob er an einer ausgewogenen Sendung interessiert sei, was dieser bejahte. Ich machte ihn auf diese problematische Interview-Konstellation aufmerksam und erklärte ihm, dass ich ihm zwar glaube, dass er sein Bestes geben möchte, beiden Seiten gegenüber gleich kritisch zu sein. Einem Initiativ-Befürworter würden jedoch höchstwahrscheinlich andere Themen am Herzen liegen, als einem Initiativ-Gegner wie ihm. Daher schlug ich ihm eine Massnahme vor, um dem Gebot der Ausgewogenheit besser gerecht zu werden: Bundesrätin Doris Leuthard darf mich mit kritischen Fragen löchern und ich darf anschliessend dasselbe auch mit ihr tun. So wäre es ausgeglichen und fair.
Jonas Projer versuchte den Vorschlag sofort vom Tisch zu wischen, versprach, dass er den Job ausgewogen wahrnehmen werde und warf mir vor, ich schlage dies doch nur vor, um dann selbst während dem Interview meine Positionen zu postulieren. Ich verneinte diesen Vorwurf entschieden und versprach, dass ich nichts ausser Fragen stellen würde. Doch Projer beharrte auf seinem Ablaufplan. Ich hakte nach: «Vor was fürchten Sie sich? Dass die falschen Fragen gestellt werden?». Projer brach daraufhin sichtlich genervt die Diskussion abrupt ab, indem er meinte: «Sie können sich sonst nach der Sendung beschweren, wenn Ihnen etwas nicht passt.»
Kleiner Einschub an dieser Stelle: Im Abstimmungskampf um die No-Billag-Initiative wird immer wieder die Wichtigkeit der angeblich unabhängigen Beschwerdeinstanz UBI betont, an welche Zuschauer ihre Beschwerden richten können, wenn ihnen eine Sendung nicht passt. Jene UBI, bei der ununterbrochen Beschwerden eintreffen, weil die SRG regelmässig gegen die Gebote der journalistischen Ausgewogenheit und der Sachgerechtigkeit verstösst, obwohl sie dazu verpflichtet wäre. Der Rekord an eingegangenen Beschwerden betraf übrigens eine kürzlich von Projer moderierte Arena-Sendung, in der offenkundig das Ziel verfolgt wurde, einen Gast – Daniele Ganser – zu diskreditieren.
Nun: Hat Projer also aus dieser Beschwerdeflut gegen seine Verfehlungen etwas gelernt? Musste er irgendwelche Konsequenzen tragen? Zurücktreten? Oder erhielt er wenigstens eine gelbe Karte? Offensichtlich nicht. Dies zeigt exemplarisch, was die UBI tatsächlich bewirkt: Rein gar nichts. Im Gegenteil: Sogar, wenn Projer VOR der Sendung auf einen Verstoss gegen die Ausgewogenheit hingewiesen wird, zieht er es trotzdem so durch, wie geplant: nämlich so unausgewogen wie er das will und Basta!
Die im Anschluss folgende Sendung hat bewiesen, dass Projer der Bundesrätin die schon altbekannten – vordergründig kritischen und eher Steilpässen gleichenden – Fragen gestellt hat, jedoch nicht jene, welche den Kern der Volksinitiative und des Engagements von Frau Leuthard gegen das Volksbegehren betreffen. Hätte ich die Gelegenheit gehabt, Frau Leuthard zu interviewen, ich hätte Sie beispielsweise folgendes gefragt:
- Frau Bundesrätin, es wird vielfach geklagt, immer weniger junge Leute würden sich an der Demokratie beteiligen. Nun haben sich in den letzten Jahren aber enorm viele junge Bürger auf der Strasse engagiert und haben Unterschriften für die No-Billag-Initiative gesammelt. Dieses Projekt haben Sie kürzlich öffentlich als «Bockmist» bezeichnet und damit über 150’000 Menschen, die die Initiative unterzeichnet haben, herabgewürdigt. Glauben Sie, dass Sie damit und mit Ihrer Vorbildfunktion, die Sie innehaben, junge Leute zur Partizipation an der Demokratie ermutigen?
- Sie als Bundesrätin stehen im Dienste der Schweizerinnen und Schweizer und haben die Aufträge des Volkes umzusetzen. Wie kommt es, dass Sie sich vor einem zu fällenden demokratischen Volksentscheid bereits auf eine Seite schlagen?
- Wie könnten Sie anschliessend, sollte es zu einem Ja zur No-Billag-Initiative kommen, die Mehrheit der Bürger glaubwürdig vertreten?
- Sollten Sie sich nicht lieber zurückhalten während eines demokratischen Meinungsbildungsprozesses, anstatt auf Kosten der Steuerzahler durchs ganze Land zu reisen und einseitige Propaganda gegen das Volksbegehrens zu betreiben?
- Wie sehen Sie den Schweizer Bürger? Handelt es sich dabei grundsätzlich um mündige, erwachsene Menschen oder um zu erziehende Kinder?
- Falls Sie die Bürger nicht als zu erziehende Kinder ansehen, weshalb wollen Sie all diesen Menschen dann vorschreiben, welche Medien sie zu konsumieren und finanzieren haben? Würden Sie ihnen tatsächlich Mündigkeit unterstellen, worin besteht dann die Rechtfertigung für diesen drastischen Eingriff in die individuellen Rechte?
- Falls Sie die Bürger als zu erziehende Kinder betrachten, die es zu bevormunden gilt und denen man immer mehr Entscheidungen abnehmen soll: Wieso stehen Sie dann nicht offen und ehrlich dazu?
- Weshalb glauben Sie, dass Sie besser wissen als alle Bürger in diesem Land, was gut für diese ist?
Doch nicht nur diese Interview-Konstellation war unausgewogen, sondern die gesamte Sendung wurde derart einseitig moderiert, dass es wohl nicht nur als Diskussions-Teilnehmer, sondern auch als Zuschauer kaum noch auszuhalten war, wie auch die vielen über Projer verärgerten Zuschriften und Kommentare nach der Sendung bestätigten. Mir wurde von jemandem zugetragen, der Strichlein während der Sendung gemacht hatte: Projer habe die No-Billag-Befürworter satte 24 Mal unterbrochen, die Initiativ-Gegner jedoch nur 5 Mal. Das macht dann einen weiteren Verstoss gegen die Ausgewogenheit im Verhältnis von nahezu 5:1.
Eine echte, sachliche Diskussion zwischen Pro und Contra wurde vom Moderator praktisch verunmöglicht, weil er die No-Billag-Initianten ständig mit irgendwelchen konstruierten Unterstellungen in eine Rechtfertigungs- und Klarstellungsposition drückte. Sobald man dann jedoch zu diesen Unterstellungen und Vorwürfen Stellung beziehen wollte, tat der Moderator von ständigem Unterbrechen über Abklemmen bis hin zu versuchtem sofortigen Themenwechsel, alles, auf dass der Zuschauer zuhause die Richtigstellungen auf keinen Fall mitbekommen möge.
Auch wenn man sich von Seiten der Arena-Leitung grösste Mühe gibt, gegenüber den Zuschauern vordergründig ausgewogen zu wirken, indem man die Redezeiten des Pro- und Kontra-Lagers stoppt und gleichmässig verteilt, verkommen solche Massnahmen zur reinen Makulatur, wenn der Moderator die Redezeit der Initiativ-Befürworter so gestaltet, dass sie kaum einmal einen Punkt zu Ende argumentieren können und ständig mit Zwischenfragen und Kommentaren unterbrochen werden in ihren Voten. Es werden offenkundig Manipulations-Strategie angewendet, um unliebsame Diskutanten aus dem Gleichgewicht zu bringen und sie zu verwirren.
Noch ein letzter Punkt: Dieser betrifft das Publikum. Es ist auffallend, dass bei sämtlichen Arena-Sendungen zur No-Billag-Initiative immer eine überwiegend initiativ-kritische Audienz in den hinteren Rängen sass und teils euphorisch applaudierte bei den Voten der Zwangsgebühren-Befürworter und manchmal in höhnisches Gelächter ausbrach bei gewissen Voten der Verfechter der Freiheit. Ich hatte Jonas Projer kürzlich in einer SMS angefragt, wer eigentlich unter Zuhilfenahme welcher Kriterien für die Auswahl des Publikums zuständig sei und wie hier garantiert werde, dass das Publikum nicht einfach im Sinne von SRF ausgewählt werde. Ich erhielt bis heute keine Antwort. «Keine Transparenz» lautet auch hier das Motto. Vielleicht auch deshalb hat Projer den verlegenen und krampfhaft bemühten «Applaus für die Initianten» angestimmt, nachdem er gemerkt hatte, dass das Publikum einmal mehr sehr einseitig besetzt war – natürlich wieder im Sinne der Zwangsgebühren-Lobby.
Insgesamt bekräftigt mich diese SRF-Arena-Sendung in meiner Überzeugung, dass die Verfassungsbestimmung, die vermeintlich zu einem ausgewogenen Journalismus verpflichten soll, nichts als toter Buchstabe ist und lediglich in einem freien Medienmarkt zur Realität werden könnte. Warum? Weil viele Bürger ein Bedürfnis nach ausgewogenem, kritischen und unabhängigen Journalismus haben und es gerade deshalb solche Angebote geben wird, wenn die Bürger frei über ihren Medienkonsum entscheiden können. Nimmt man jedoch den Bürgern die Wahlfreiheit weg und werden alle genötigt, für staatlich privilegierte Medien zu zahlen, die diese Gebote andauernd verletzen, gibt es keinen Disziplinierungsmechanismus, der an dieser Situation irgendetwas ändern würde. Die Leute können ja die fehlerhaften Produkte nicht abbestellen und ein anderes Medium mit diesem Geld abonnieren, das ihren Bedürfnissen besser entspricht. Die Einnahmen aus dem Billag-Gebührentopf für jene, welche diese Prinzipien mit Füssen treten, sprudeln ja schliesslich munter weiter.
Es ist ein dringendes Gebot der Stunde, die Medienfreiheit und die Medienvielfalt zu stärken. Mit einem JA zur No-Billag-Initiative bekräftigen wir vor allem auch den Grundsatz in der Schweiz, dass Politiker die Bürger wieder als mündige Erwachsene behandeln sollen, die grundsätzlich selbst in der Lage sind, über ihr Leben zu entscheiden. Nicht als zu erziehende Kleinkinder, die von der Politik an allen Ecken und Enden bevormundet und für die Ziele der politischen Klasse instrumentalisiert werden.
Danke auch an alle Mitstreiter, welche tagtäglich dieser übermächtigen etatistischen Medienwalze die Stirn bieten und für Gerechtigkeit und Freiheit kämpfen. Die Fackel der Freiheit muss aufrecht getragen und an kommende Generationen weitergegeben werden – sonst erlischt sie.
Olivier Kessler
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