Tuesday , November 5 2024
Home / Die Zürcherin / Nachruf auf Guido Westerwelle: Ein Kämpfer, der verlor

Nachruf auf Guido Westerwelle: Ein Kämpfer, der verlor

Summary:
Von Tomasz M. Froelich (Freitum.de) – Man mag es kaum glauben, aber ich engagierte mich früher mal tatsächlich bei den Jungen Liberalen, denen ich 2005 im zarten Alter von 16 Jahren beitrat. Guido Westerwelle war einer der Gründe für diese Entscheidung. Mir gefiel es, wie er sich für im Volk nicht immer beliebte liberale Ideen stark machte, auch aneckte und es in Kauf nahm, deswegen an Popularität zu verlieren. Niedrigere, einfachere und gerechtere Steuern, Deregulierung, Entbürokratisierung: Unvorstellbar, aber das gefiel vielen nicht. Mir schon. In besonderer Erinnerung blieb mir eine FDP-Wahlveranstaltung im Hamburger Curio-Haus, anno 2009, auf der Westerwelle eine für mich damals beeindruckende Rede hielt, die von linken Aktivisten, die antikapitalistische Parolen brüllten, gestört wurde. Westerwelle reagierte darauf gelassen und souverän und bot den Störern die Gelegenheit, dem anwesenden Publikum mitzuteilen, was sie denn so zu sagen hätten. Problem: Sie verstummten alle irgendwie, erröteten im Gesicht, brachten keinen Murks mehr raus, hatten schlichtweg nichts zu sagen. Die totale Blamage! Entsprechend verließen sie schnurstracks unter großem Gelächter den Saal vorzeitig.

Topics:
Zürcherin considers the following as important:

This could be interesting, too:

Zürcherin writes Braune Weltverschwörung: Die linke Sehnsucht nach einem globalen Nazi-Netzwerk

Zürcherin writes 25 Zitate von Roland Baader, die dir das Blut in den Adern gefrieren lassen (Teil 2)

Zürcherin writes Warum der Rechtsstaat nichts mit Recht zu tun hat! – Interview mit David Dürr

Zürcherin writes Der letzte Strohhalm – Wie die Anti-Plastik-Politik alles nur verschlimmert

Nachruf auf Guido Westerwelle: Ein Kämpfer, der verlor


Von Tomasz M. Froelich (Freitum.de) – Man mag es kaum glauben, aber ich engagierte mich früher mal tatsächlich bei den Jungen Liberalen, denen ich 2005 im zarten Alter von 16 Jahren beitrat. Guido Westerwelle war einer der Gründe für diese Entscheidung. Mir gefiel es, wie er sich für im Volk nicht immer beliebte liberale Ideen stark machte, auch aneckte und es in Kauf nahm, deswegen an Popularität zu verlieren. Niedrigere, einfachere und gerechtere Steuern, Deregulierung, Entbürokratisierung: Unvorstellbar, aber das gefiel vielen nicht. Mir schon.

In besonderer Erinnerung blieb mir eine FDP-Wahlveranstaltung im Hamburger Curio-Haus, anno 2009, auf der Westerwelle eine für mich damals beeindruckende Rede hielt, die von linken Aktivisten, die antikapitalistische Parolen brüllten, gestört wurde. Westerwelle reagierte darauf gelassen und souverän und bot den Störern die Gelegenheit, dem anwesenden Publikum mitzuteilen, was sie denn so zu sagen hätten. Problem: Sie verstummten alle irgendwie, erröteten im Gesicht, brachten keinen Murks mehr raus, hatten schlichtweg nichts zu sagen. Die totale Blamage! Entsprechend verließen sie schnurstracks unter großem Gelächter den Saal vorzeitig. Das war stark von Westerwelle!

Auch wenn ich zu dieser Zeit schon immer libertärer dachte und mir die FDP nicht radikal genug erschien, entschied ich mich aufgrund des dennoch recht vernünftigen Programms und der Person Guido Westerwelle bei der Bundestagswahl 2009 Gelb zu wählen, was im übrigen meine bis zum heutigen Tage letzte Wahlteilnahme in Deutschland blieb. Die FDP errang mit knapp 15% ihr bestes Ergebnis aller Zeiten, enttäuschte aber in der Folgezeit als Mitregierungspartei auf ganzer Linie. Westerwelle leider auch. Er hätte Finanz- und nicht Außenminister werden sollen, dann hätte sich das Land womöglich in eine bessere Richtung entwickelt, auch wenn ihm seine Enthaltung in der Libyen-Frage zugute zu halten ist. Als Finanzminister wäre er aus liberaler Sicht prädestiniert gewesen, wollte wohl aber zu sehr in die Fußstapfen seines großen politischen Vorbilds, dem ehemaligen Außenminister Hans-Dietrich Genscher, treten.

Bemerkenswert ist, dass sich Westerwelle nach dem Ende seiner politischen Laufbahn nicht wie so viele seiner Politikerkollegen als schmieriger Lobbyist bezahlen liess, sondern sich mit seiner Stiftung – der Westerwelle Foundation – für eine bessere internationale Verständigung einsetzte: ,,Wir wollen mehr Chancen für mehr Menschen weltweit stiften. Wir fördern internationale Verständigung und stärken Demokratie und Marktwirtschaft, Rechtsstaatlichkeit und Toleranz. Auf diesem Werte-Quartett beruhen die Biographien unserer Gründer.”

Kaum ein Politiker prägte meine politische Jugend so sehr wie Guido Westerwelle. Dass ich als Libertärer einem Politiker nachtrauere, ist ja eher selten. Bei Westerwelle ist das etwas anders: Ich würde lügen, wenn ich seinen Einfluss auf meine Entwicklung leugnen würde. Er konnte mich für den Liberalismus begeistern und war einer der Gründe, weshalb ich damals den JuLis beigetreten bin. Und so komisch das auch klingen mag, wäre ich ohne diese Erfahrungen, die ich in der parteipolitischen Jugend gemacht habe, ohne die Beschäftigung mit liberalem Gedankengut, die daraufhin folgte, vermutlich nicht libertär geworden. Es ist nun mal nicht so, dass alle Libertären durch die Trutherszene oder andere Milieus zu dem wurden, was sie heute sind; bei vielen nahm dies mit dem Engagement bei den JuLis seinen Anfang.

Andere trauern, wenn ein Popstar stirbt, den sie während ihrer Jugendzeit gehört haben. Andere trauern, wenn eine Persönlichkeit stirbt, die prägend für die eigene politische Jugend gewesen ist. Verändern kann man sich mit der Zeit ja trotzdem: Oft hört man als Erwachsener nicht mehr die Musik aus der Jugendzeit, und oft stimmt man – gerade als Libertärer – denen nicht mehr zu, die man früher mal gewählt oder sogar aktiv im Wahlkampf unterstützt hat. Um sie trauern kann man trotzdem. Ich trauere um Guido Westerwelle, der stets für niedrigere Steuern und später gegen seine Krankheit gekämpft hat. Es macht mich sehr traurig, dass er beide Kämpfe verlor.

Hier einige seiner besten Zitate:

,,Einen menschlichen Kommunismus oder einen demokratischen Sozialismus gibt es ebenso wenig wie einen vegetarischen Schlachthof.”

,,Meine Politik fördert die Fleißigen, schützt die Schwachen und bestraft die Faulen. Es gibt kein Recht auf staatlich bezahlte Faulheit.”

,,Wer Deutschland für kapitalistisch hält, der hält auch Kuba für demokratisch.”

,,Ich habe nicht für die deutsche Einheit gekämpft, damit heute Kommunisten und Sozialisten was zu sagen haben!”

“Wenn man in Deutschland schon dafür angegriffen wird, dass derjenige, der arbeitet, mehr haben muss als derjenige, der nicht arbeitet, dann ist das geistiger Sozialismus.”

,,Mindestlohn ist DDR pur ohne Mauer.”

,,Die Globalisierung hat weltweite Wertschöpfungsketten geschaffen, dank derer sich hunderte Millionen Menschen aus der Armut befreien konnten.”

,,Wer dem Volk anstrengungslosen Wohlstand verspricht, lädt zu spätrömischer Dekadenz ein.”

,,Nur wer still stehen bleibt, tritt keinem auf die Füße.”

Und aus gegebenem Anlass besonders passend:

,,Glück und Gesundheit. Und zwar beides zusammen, Gesundheit, aber auch Glück. Denn die Menschen auf der Titanic waren zwar gesund, hatten aber kein Glück.”

_

Ruhe in Frieden!

­

Dieser Artikel erschien zuerst auf Freitum.de.

Zürcherin
Die Zürcherin ist ein Online-Magazin mit einer klassisch-liberalen Ausrichtung. Berichtet wird über Zürich und die Welt.

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *