Die Europäische Zentralbank kommt wegen ihrer Politik immer mehr in die Kritik. In dieser Woche hat selbst die Deutsche Bank einen Schwenk gemacht und EZB-Chef Mario Draghi vorgeworfen, das Gegenteil dessen zu erreichen, was er ursprünglich beabsichtigt hatte. Mittlerweile dominierten die negativen Folgen. Die Reformanstrengungen in den Euro-Mitgliedstaaten würden erstickt, die Signalfunktion des Zinses gehe an den Anleihemärkten verloren, die EZB nehme immer mehr Risiken auf die eigene Bilanz, die Sparer müssten diese Politik mit Nullzinsen auf ihren Sparbüchern und in ihren Lebensversicherungen bezahlen und das Investitionskapital werde in falsche Projekte gelenkt, die dann Blasen an den Immobilien- und Aktienmärkten entstehen ließen. Bislang kam diese Kritik an der EZB im Wesentlichen von den Sparkassen und Volksbanken. Sie sind besonders betroffen von der Zinsdrückerei der Notenbank. Ihre Margen brechen weg, ihr Kostenapparat ist durch die vielen Geschäftsstellen hoch und sie können nur sehr schlecht in andere Geschäftsmodelle ausweichen. Die Großbanken waren dagegen bislang eher zurückhaltend mit ihrer Kritik an der EZB, auch weil diese sie inzwischen direkt beaufsichtigt. Denjenigen zu kritisieren, der einem durch Aufsichtsmaßnahmen dann erheblich das Leben schwermachen kann, ist daher durchaus mutig.
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Die Europäische Zentralbank kommt wegen ihrer Politik immer mehr in die Kritik. In dieser Woche hat selbst die Deutsche Bank einen Schwenk gemacht und EZB-Chef Mario Draghi vorgeworfen, das Gegenteil dessen zu erreichen, was er ursprünglich beabsichtigt hatte. Mittlerweile dominierten die negativen Folgen. Die Reformanstrengungen in den Euro-Mitgliedstaaten würden erstickt, die Signalfunktion des Zinses gehe an den Anleihemärkten verloren, die EZB nehme immer mehr Risiken auf die eigene Bilanz, die Sparer müssten diese Politik mit Nullzinsen auf ihren Sparbüchern und in ihren Lebensversicherungen bezahlen und das Investitionskapital werde in falsche Projekte gelenkt, die dann Blasen an den Immobilien- und Aktienmärkten entstehen ließen.
Bislang kam diese Kritik an der EZB im Wesentlichen von den Sparkassen und Volksbanken. Sie sind besonders betroffen von der Zinsdrückerei der Notenbank. Ihre Margen brechen weg, ihr Kostenapparat ist durch die vielen Geschäftsstellen hoch und sie können nur sehr schlecht in andere Geschäftsmodelle ausweichen. Die Großbanken waren dagegen bislang eher zurückhaltend mit ihrer Kritik an der EZB, auch weil diese sie inzwischen direkt beaufsichtigt. Denjenigen zu kritisieren, der einem durch Aufsichtsmaßnahmen dann erheblich das Leben schwermachen kann, ist daher durchaus mutig. Insofern ist es wohl eher als Hilferuf zu verstehen, wenn die Deutsche Bank sich derart äußert.
Die Begründung und das Festhalten der EZB an dieser Politik ist einer falschen Annahme geschuldet. Es ist die Annahme, dass die Notenbank über die Geldpolitik Märkte stimulieren müsse, um Wachstum zu erzeugen. Traditionell geschieht dies durch die Zinspolitik der Notenbanken. Verbilligt die Zentralbank die Geldversorgung für die Banken, hofft sie, dass diese anschließend leichter Kredite vergeben und damit Investitionen und Arbeitsplätze entstehen. Doch die Pferde wollen nicht saufen. Die EZB hat den Ausleihzins faktisch beseitigt. Die Kreditvergabe der Banken im Euro-Club stockt dennoch. Die Banken halten ihr Pulver trocken. Sie haben viel zu viele faule Kredite in ihren Büchern, sodass sie erstmal keine neuen vergeben wollen. Schätzungen gehen dahin, dass fünf Prozent aller Kredite im Euroraum notleidend sind, das sind 1,2 Billionen Euro. In den Krisenländern Griechenland, Italien, Spanien und Portugal sind es deutlich über zehn Prozent. Das ist für einen Bankensektor eine enorme Belastung. Daher parken Banken lieber ihre Liquidität bei der Zentralbank. Diese reagierte darauf mit einem Strafzins, doch es nützt dennoch nichts. Mario Draghi befindet sich inmitten einer Interventionsspirale. Er muss immer größere Eingriffe in die Marktwirtschaft vornehmen, um einen Effekt zu erzielen oder einen negativen Effekt, der die Folge der vorigen Entscheidung war, zu heilen.
Dieses Phänomen der Interventionsspirale existiert nicht nur bei Notenbanken, sondern ist generell zentralistischen Systemen eigen. Dies hat etwas mit dem Wissen über die Entscheidungen des Einzelnen zu tun. Zentralistische Planungssysteme glauben zu wissen, was der Einzelne benötigt und wie er entscheidet. Irrt sich der oberste Planer, dann wird der Plan nachjustiert. Irrt er sich erneut, wird noch stärker eingegriffen. Die Schäden, die an anderer Stelle durch die Eingriffe entstehen, werden billigend in Kauf genommen, um das höhere Ziel zu erreichen. Zentralistische Planungssysteme sind nonzentralistischen Planungen daher unterlegen. Nonzentralistische Planung finden wir in der Marktwirtschaft. Dort entscheidet und verantwortet der Einzelne sein Handeln. Dies funktioniert deshalb so gut, weil dieser Prozess nicht zentral konstruiert ist, sondern dem natürlichen Zusammenleben entspricht.
Welche Konsumentscheidungen der Einzelne trifft, ob und wann er ein Auto kauft, abends zum Essen geht oder wie oft er in den Urlaub fährt, sind individuelle Entscheidungen, die bei jedem von uns anders sind. Und so ist es auch mit dem Unternehmer. Welche Investitionsentscheidungen, in welcher Höhe und zu welchem Zeitpunkt und an welchem Ort er trifft, ist individuell und subjektiv. Dies kann nicht zentral geplant werden. Dieses Wissen hat niemand, erst recht nicht Mario Draghi.
Erstmals erschienen in der Fuldaer Zeitung am 5. November 2016.