Von Dr. Alexander Fink, Universität Leipzig, Senior Fellow des IREF – Institute for Research in Economic and Fiscal Issues und Benjamin Buchwald, Research Fellow bei IREF, Student von Public Economics an der Leuphana Universität Lüneburg. Die Abgeordnetendiäten sind entgegen der öffentlichen Meinung gemessen am BIP nicht sonderlich stark gestiegen. Die Koppelung an die Nettolohnentwicklung war ein erster wichtiger Schritt. Nachhaltiger wäre es jedoch, wenn das BIP als zentrale Bemessungsgrundlage herangezogen werden würde. Über die finanzielle Kompensation von Politikern wird nicht nur hierzulande gern und kontrovers diskutiert. Eine Analyse des Verhältnisses der Entschädigung von Bundestagsabgeordneten zum Bruttoinlandsprodukt pro
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Von Dr. Alexander Fink, Universität Leipzig, Senior Fellow des IREF – Institute for Research in Economic and Fiscal Issues und Benjamin Buchwald, Research Fellow bei IREF, Student von Public Economics an der Leuphana Universität Lüneburg.
Die Abgeordnetendiäten sind entgegen der öffentlichen Meinung gemessen am BIP nicht sonderlich stark gestiegen. Die Koppelung an die Nettolohnentwicklung war ein erster wichtiger Schritt. Nachhaltiger wäre es jedoch, wenn das BIP als zentrale Bemessungsgrundlage herangezogen werden würde.
Über die finanzielle Kompensation von Politikern wird nicht nur hierzulande gern und kontrovers diskutiert. Eine Analyse des Verhältnisses der Entschädigung von Bundestagsabgeordneten zum Bruttoinlandsprodukt pro Person zeigt, dass die gewährten Mittel für die Parlamentarier zwar stattlich, aber die Erhöhungen der letzten Jahre maßvoll waren. Die Entwicklung der Höhe der Zahlungen an Abgeordnete an sich erscheint deshalb nicht problematisch. Dennoch gibt es deutliches Potential für Verbesserungen der Anreizstruktur für Abgeordnete. Seit 2016 ist die Entwicklung der Abgeordnetenentschädigungen an die Entwicklung der Nominallöhne gekoppelt. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung. Eine Koppelung an das BIP und die Einbindung der Abgeordneten in die Sozialversicherungen wären jedoch vorzuziehen, um die Anreize der Volksvertreter mit denen der von ihnen Vertretenen in Einklang zu bringen.
Entschädigung von Bundestagsabgeordneten kontrovers debattiert
Das Thema „Diätenerhöhung“ sorgt wiederkehrend für teils heftige Diskussionen. Nicht selten wird argumentiert, dass Politiker zu viel verdienen und sich selbst üppig bedienen würden. Von anderer Seite wird aber auch angeführt, dass die Vergütung von Parlamentariern hinter der allgemeinen Entwicklung der Bruttolöhne herhinkt. Im besonderen Fokus stehen dabei die Abgeordneten des Deutschen Bundestages und die Verfahren zu ihrer finanziellen Entschädigung.
Was erhält aber ein Bundestagsabgeordneter als finanzielle Kompensation für seine politische Arbeit?
Abgeordnetenentschädigung seit 1977 einkommensteuerpflichtig
Das Grundgesetz bestimmt, dass Abgeordnete einen Anspruch auf eine angemessene, ihre Unabhängigkeit sichernde Entschädigung haben. Seit 1977 wird den Abgeordneten des Deutschen Bundestages eine solche Kompensation durch eine monatliche Abgeordnetenentschädigung gezahlt, welche einkommensteuerpflichtig ist. Sie löste die vormals gezahlte Diät ab, die den Abgeordneten vor 1977 als Aufwandsentschädigung gewährt wurde und steuerfrei war.
Laut Abgeordnetengesetz soll sich die monatliche Entschädigung grob an den Bezügen von einfachen Richtern bei einem obersten Gerichtshof des Bundes orientieren. Seit der letzten Anpassung im Sommer 2016 erhalten die Bundestagabgeordneten eine zu versteuernde Entschädigung von monatlich 9.327 Euro. Sonderzahlungen wie Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld, ein dreizehntes Monatsgehalt oder ähnliches existieren nicht. Hinzu kommt jedoch eine einkommensteuerfreie Kostenpauschale von derzeit 4.305 Euro. Sie dient insbesondere der Bezahlung von Kosten zur Einrichtung und Unterhaltung von Wahlkreisbüros außerhalb des Sitzes des Bundestages, für Mehraufwendungen für Unterkunft und Verpflegung in Berlin, bei Reisen in Ausübung des Mandats, soweit sie nicht erstattet werden sowie für andere mandatsbedingte Aufwendungen.
Bindung an Nominallohnindex
2016 legten die Abgeordneten des Bundestages die Höhe ihrer monatlichen Entschädigung erstmals nicht selbst fest. Grundlage für die automatisch zum 1. Juli vorgenommene Anpassung war und ist nun die Entwicklung des vom Statistischen Bundesamt ermittelten Nominallohnindex. Damit ist die Höhe der Abgeordnetenentschädigung an die allgemeine Verdienstentwicklung in Deutschland gekoppelt.
Entschädigung wächst langsamer als BIP pro Person
Bei der erstmaligen Auszahlung der monatlichen Abgeordnetenentschädigung im Jahre 1977 betrug diese umgerechnet 3.835 Euro. Als der Deutsche Bundestag 1999 seinen neuen Amtssitz in Berlin einnahm, war die Höhe der Entschädigung bereits auf 6.583 Euro angewachsen. Über mehrere Nullrunden in den 2000er Jahren stieg sie bis heute auf die bereits genannten 9.327 Euro und hat sich damit seit ihrem Bestehen mehr als verdoppelt.
Ein Vergleich mit dem Bruttoinlandsprodukt pro Person offenbart jedoch, dass dieses schneller wuchs als die Abgeordnetenentschädigung. Das BIP pro Person betrug im Jahre 1977 10.367 Euro, 2015 waren es 37.127 Euro.
Das Verhältnis der Entschädigung eines Bundestagsabgeordneten zum Bruttoinlandsprodukt pro Person betrug im Jahre 1977 noch 4,44. Aber 2015 waren die Entschädigungen nur noch 2,94 mal so hoch wie das Bruttoinlandsprodukt pro Person. Schon seit den 1980er Jahren ist das Verhältnis relativ konstant auf diesem Niveau.
Gewiss stellt die finanzielle Kompensation eines Bundestagsabgeordneten ein stattliches monatliches Einkommen dar. Angesichts der Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts nehmen sich die Anstiege der Abgeordnetenentschädigung in den vergangenen Jahren jedoch als maßvoll aus.
Kompatible Anreize: Koppelung an BIP und Integration in Sozialversicherungen
Die Entwicklung der Höhe der Entschädigung für Abgeordnete erscheint deshalb nicht problematisch. Raum für Verbesserungen, die die Anreize der Abgeordneten mit denen der von ihnen vertretenen Bürger stärker in Einklang bringen, gibt es dennoch.
Zum einen sollten Abgeordnete ― ebenso wie Beamte ― in die gesetzlichen Sozialversicherungen integriert werden. Es mutet sonderbar an, dass gerade die für die Ausgestaltung der von der öffentlichen Hand organisierten Sozialversicherungen Zuständigen und die engsten Mitarbeiter des Staates nicht verpflichtet sind, den für andere Mitglieder unserer Gesellschaft verpflichtenden Versicherungen beizutreten.
Zum anderen wäre es vorzuziehen, die jährliche Anpassung der Entschädigungen nicht an den Nominallohnindex zu koppeln, sondern an das Bruttoinlandsprodukt. Auch das Bruttoinlandsprodukt wäre als Grundlage für die Bemessung der Abgeordnetenentschädigungen nicht perfekt, weil beispielsweise die Abgeordneten durch höhere Konsumausgaben des Staates das BIP direkt beeinflussen können. Das Bruttoinlandsprodukt ist dennoch dem Nominallohnindex als Anker für die Abgeordnetenentschädigung vorzuziehen, weil es inklusiver ist.
Erstens, wie der Nominallohnindex berücksichtigt auch das Brutoinlandsprodukt Einkommen, die durch die Bereitstellung des Produktionsfaktors Arbeit erzielt werden. Darüber hinaus berücksichtigt es jedoch anders als der Nominallohnindex auch Einkommen aus der Bereitstellung des Produktionsfaktors Kapital. Fungiert das Bruttoinlandsprodukt als Grundlage für die Anpassung der Entschädigungen der Abgeordneten haben diese einen Anreiz, für Konditionen zu sorgen, die es den Mitgliedern der Gesellschaft leicht machen, die Summe der Einkommen aus beiden Produktionsfaktoren zu steigern.
Zweitens, das Problem der Arbeitslosigkeit schlägt sich direkter auf das Bruttoinlandsprodukt als auf den Nominallohnindex durch. So können hohe Nominallöhne mit einer hohen Arbeitslosigkeit einhergehen, beispielsweise wenn die Insider auf dem Arbeitsmarkt erfolgreich ihr Interesse an hohen Markteintrittsbarrieren zum Nachteil der Outsider durchsetzen können. Erzielen Menschen aufgrund von Arbeitslosigkeit kein Einkommen und tragen somit nicht zum BIP bei, fällt hingegen das BIP unmittelbar niedriger aus.
Erstmals erschienen bei IREF.