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Regulierung und Wettbewerbsfähigkeit

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In der Finanzbranche gibt es zehn Jahre nach Beginn der Finanzkrise lauter werdende Rufe nach weniger Regulierung. Berechtigt ist die Kritik dort, wo diese nicht am Kern des Problems ansetzt und externe Effekte internalisiert, sondern wo sie Geschäftsmodelle, Produkte und Produktionsprozesse direkt zu verändern versucht. Weitaus weniger berechtigt ist die Kritik an der Bankenregulierung allerdings dort, wo sie die Kosten der Regulierung und die verschlechterte Wettbewerbsfähigkeit der betroffenen Unternehmen zum Gegenstand hat. Im Finanzbereich gibt es zehn Jahre nach Beginn der Finanzkrise lauter werdende Rufe nach weniger Regulierung.[ 1 ] Berechtigt ist die Kritik dort, wo Regulierung nicht am Kern des Problems ansetzt und externe Effekte internalisiert, sondern wo sie

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In der Finanzbranche gibt es zehn Jahre nach Beginn der Finanzkrise lauter werdende Rufe nach weniger Regulierung. Berechtigt ist die Kritik dort, wo diese nicht am Kern des Problems ansetzt und externe Effekte internalisiert, sondern wo sie Geschäftsmodelle, Produkte und Produktionsprozesse direkt zu verändern versucht. Weitaus weniger berechtigt ist die Kritik an der Bankenregulierung allerdings dort, wo sie die Kosten der Regulierung und die verschlechterte Wettbewerbsfähigkeit der betroffenen Unternehmen zum Gegenstand hat.

Im Finanzbereich gibt es zehn Jahre nach Beginn der Finanzkrise lauter werdende Rufe nach weniger Regulierung.[ 1 ] Berechtigt ist die Kritik dort, wo Regulierung nicht am Kern des Problems ansetzt und externe Effekte internalisiert, sondern wo sie Geschäftsmodelle, Produkte und Produktionsprozesse direkt zu verändern versucht. Weitaus weniger berechtigt ist die Kritik an der Bankenregulierung insbesondere dort, wo sie die Kosten der Regulierung und die verschlechterte Wettbewerbsfähigkeit der betroffenen Unternehmen zum Gegenstand hat.

Rund zehn Jahre nach Beginn der Finanzkrise verlangsamt sich der Trend hin zu mehr Regulierung im Finanzbereich, und angesichts lauter werdender Kritik an der Regulierungsdichte zeichnet sich mancherorts sogar schon eine Gegenbewegung ab. Die Schweiz macht hiervon keine Ausnahme. Auch hierzulande stellen hochrangige Bankenvertreter die stärkere Regulierung der Branche zwar nicht grundsätzlich in Frage, doch sie bemängeln das nach ihrer Ansicht übermässig starre Korsett der nationalen Vorschriften und die damit verbundenen hohen Kosten. Um im Wettbewerb mit der internationalen Konkurrenz bestehen zu können, brauche es Erleichterungen und "gleich lange Spiesse", argumentieren sie. Was ist von dieser Kritik zu halten?

Der Zweck der Bankenregulierung besteht darin, die Kosten-Nutzen-Erwägungen des Managements und der Eigentümer von Banken mit den gesellschaftlichen Kosten und Nutzen des Bankgeschäfts in Einklang zu bringen. Der Grundgedanke ist derselbe wie bei der Regulierung im Umweltbereich: Wo das Verschmutzen von Luft keinen Preis hat, dort fliesst nur ein Teil der relevanten Kosten in die Kalkulation von Unternehmen ein, deren Produktion die Luftqualität belastet. Die externen Kosten der Verschmutzung bleiben unberücksichtigt und in der Folge ergibt sich eine Diskrepanz — ein "Wedge" — zwischen der betriebswirtschaftlichen und der volkswirtschaftlichen Aufrechnung von Kosten und Nutzen. Dieser Wedge verzerrt die unternehmerischen Anreize und führt zu Entscheiden, die volkswirtschaftlich betrachtet mehr Schaden anrichten als Nutzen stiften. Der Markt versagt.

Dieselbe Gefahr lauert im Finanzbereich (und in anderen Branchen). Auch Banken erzeugen volkswirtschaftliche Kosten, die sie nicht selber tragen, zum Beispiel dann, wenn ein Bankenzusammenbruch unbeteiligte Dritte mit in den Abgrund reisst, der Steuerzahler geradestehen muss, um einen Zusammenbruch zu verhindern, oder Rettungsaktionen der Zentralbank die Erreichung geldpolitischer Ziele gefährden. Ohne staatliche Eingriffe werden diese externen Kosten vom Management der Banken nicht im vollen Umfang berücksichtigt und sie fliessen daher nur unzureichend in die Entscheidungsfindung mit ein. Effiziente Regulierung hingegen korrigiert das Marktversagen, indem sie dazu beiträgt, dass die Unternehmen auch die externen Kosten ihrer Entscheide internalisieren.

Lenkungssteuern oder Mengenbeschränkungen

Als Instrumente zur Internalisierung bieten sich einerseits Lenkungssteuern und andererseits Mengenbegrenzungen an. Beide beziehen sich auf die Aktivitäten, von denen die externen Effekte ausgehen. Während Lenkungssteuern die Kosten dieser Aktivitäten um die veranschlagten externen Kosten erhöhen, legen Mengenbegrenzungen Höchstwerte für die Aktivitäten fest. Derartige Höchstwerte beziehen sich im Regelfall auf die Branche als Ganzes. Handelbare Rechte zur Ausschöpfung der Mengenbegrenzungen gewährleisten dann, dass die Aktivitäten dort eingeschränkt werden, wo dies am effizientesten geschieht. Nur wenn die externen Effekte unternehmensspezifisch anfallen, sollten auch die Mengenbeschränkungen auf der Ebene des einzelnen Finanzinstituts ansetzen. Ob Lenkungssteuern oder Mengenbeschränkungen in der angemessenen Höhe: Im Idealfall leisten die beiden Instrumente genau dasselbe. Sie konfrontieren die Verursacher mit den Kosten der externen Effekte und setzen das Verursacherprinzip durch. Wedges werden beseitigt, verzerrte Entscheidungen zurechtgerückt und Marktversagen wird korrigiert.

Was also ist vor diesem Hintergrund von der Kritik an der Bankenregulierung zu halten? Berechtigt ist die Kritik dort, wo Regulierung nicht am Kern des Problems ansetzt und externe Effekte internalisiert, sondern wo sie Geschäftsmodelle, Produkte und Produktionsprozesse direkt zu verändern versucht. Denn gute Regulierungsbehörden können zwar die Höhe externer Effekte abschätzen und auf Basis dieser Schätzungen plausible Sätze von Lenkungssteuern oder vergleichbare Mengenbeschränkungen festlegen. Doch das "richtige" Geschäftsmodell oder die "richtigen" Produkt- und Produktionsentscheide kennen sie nicht. Dazu fehlen ihnen die notwendigen Informationen über all jene Kosten und Nutzen, die sich direkt oder indirekt aufgrund der Unternehmensaktivitäten ergeben.

Und selbst wenn diese Informationen zu beschaffen wären, könnten Regulierungsbehörden sie nicht innerhalb nützlicher Frist verarbeiten. Nur der Preisbildungsmechanismus im Zusammenspiel mit den zielgerichteten Entscheiden aller Marktteilnehmer kann dieses Informationsproblem bewältigen. Gute Regulierung behält dies im Auge; sie internalisiert externe Effekte an der Quelle und achtet sorgfältig darauf, den Preisbildungsmechanismus nicht zu unterlaufen. Schlechte Regulierung hingegen agiert zu abgehoben. Infolge der komplexen gesamtwirtschaftlichen Zusammenhänge zieht sie daher Nebenwirkungen nach sich, deren negative Konsequenzen rasch die beabsichtigten positiven Effekte überwiegen können.

Weitaus weniger berechtigt ist die Kritik an der Bankenregulierung in anderen Bereichen, insbesondere dort, wo sie die Kosten der Regulierung und die verschlechterte Wettbewerbsfähigkeit der betroffenen Unternehmen zum Gegenstand hat. Dies wird wiederum im Vergleich mit der Regulierung im Umweltbereich deutlich. Wo saubere Luft gesellschaftlich erwünscht ist und daher regulatorische Massnahmen zur Verteuerung der Luftverschmutzung ergriffen werden, dort nimmt man nicht nur in Kauf, dass inländische Produzenten mit hohen Emissionen mehr Kosten tragen müssen, sondern man bezweckt dies. Denn die Verteuerung der Produktion korrigiert, dass vor dem Eingreifen des Regulators die vom Unternehmen verursachten Kosten zum Teil auf die Allgemeinheit abgewälzt wurden.

Dasselbe Argument trifft sinngemäss auf den Finanzsektor zu. Wenn die Gesellschaft in der Schweiz die von Banken nicht internalisierten Kosten des Bankgeschäfts höher veranschlagt als im Ausland, dann ist es folgerichtig, wenn das Bankgeschäft im Inland auch strikter reguliert und verteuert wird als in anderen Ländern. Sinnvolle Lenkungssteuern oder Mengenbeschränkungen treiben die Kosten also nicht unnötig in die Höhe, sondern sie beseitigen implizite Subventionen, von denen die betroffenen Unternehmen vor den Regulierungseingriffen profitierten und die die Entscheide des Managements verzerrten.

Die Forderung nach "gleich langen Spiessen" zielt demnach ins Leere. Der Wunsch nach sauberer Luft im Inland wird nicht dadurch aus der Welt geschafft, dass derselbe Wunsch im Ausland weniger stark ausgeprägt ist. Und das Bedürfnis nach robusten Finanzmarktstrukturen verschwindet nicht allein deshalb, weil ausländische Bankenplätze glauben, besser gegen Krisen gewappnet zu sein.

Forderungen nach symmetrischer Regulierung sind im Grundsatz also unbegründet. Dennoch müssen sich Wähler und Behörden der Konsequenzen ungleicher regulatorischer Rahmenbedingen bewusst sein. Wenn andernorts externe Kosten tiefer veranschlagt und Unternehmen an der Quelle von externen Effekten daher weniger stark belastet werden als im Inland, dann ist es nur folgerichtig, wenn die Unternehmen ihr Geschäft ins Ausland verlagern. Dies als Erpressung zu werten ist ebenso verfehlt wie der Ruf nach "gleich langen Spiessen".

Gute Regulierung ist ergebnisoffen. Sie strebt keine bestimmten Kreditvolumina, Bilanzlängen oder Kreditkartenzinssätze an, sondern sie orientiert sich am Ziel der Kostenwahrheit, beschränkt sich auf die Internalisierung externer Effekte und überlässt es den Marktteilnehmern, die richtigen Schlüsse aus Marktpreisen zu ziehen. Regulierung in diesem Geist handelt im besten gesellschaftlichen Interesse, selbst wenn Einzelinteressieren darunter leiden.


©KOF ETH Zürich, 15. Dez. 2017

Dirk Niepelt
Dirk Niepelt is Director of the Study Center Gerzensee and Professor at the University of Bern. A research fellow at the Centre for Economic Policy Research (CEPR, London), CESifo (Munich) research network member and member of the macroeconomic committee of the Verein für Socialpolitik, he served on the board of the Swiss Society of Economics and Statistics and was an invited professor at the University of Lausanne as well as a visiting professor at the Institute for International Economic Studies (IIES) at Stockholm University.

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