Von Hendrik Hilpert, Student von Economics and Finance an der Syracuse University, New York. Der Wunsch nach Veränderung ist in den USA so spürbar wie seit Ronald Reagan nicht mehr. Das bringt die USA jedoch in eine Situation, vor der Friedrich August von Hayek bereits 1944 gewarnt hatte. Der Wahlkampf zur Präsidentschaft in den USA ist eine Suche nach einfachen Antworten auf komplexe Fragen. Besonders der klassisch liberale Beobachter sollte dabei mit Unbehagen auf den Wahltag am 8. November blicken. Weder Donald Trump noch Hillary Clinton bieten dem Wähler einen Weg zu mehr individueller Freiheit und Liberalität. Zwar duellieren sich die beiden heftig auf persönlicher Ebene, inhaltlich ist man sich aber näher, als man zugeben möchte. Ob Trump oder Clinton – lediglich die Facette, welche der autoritäre Staat und die damit einhergehende Misere annähme, würde sich unterscheiden. Donald Trump stellt für seine Unterstützer eher ein Ventil für Wut und Enttäuschung als eine ersthafte programmatische Alternative dar. Ihn einer traditionellen Denkschule zuzuordnen ist unmöglich und wird von seinen Unterstützern auch nicht gefordert. Die Abneigung gegenüber der Politik vergangener Jahrzehnte ist stark genug, um eine ausreichende Basis für einen politischen Erdrutsch zu bilden.
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Von Hendrik Hilpert, Student von Economics and Finance an der Syracuse University, New York.
Der Wunsch nach Veränderung ist in den USA so spürbar wie seit Ronald Reagan nicht mehr. Das bringt die USA jedoch in eine Situation, vor der Friedrich August von Hayek bereits 1944 gewarnt hatte. Der Wahlkampf zur Präsidentschaft in den USA ist eine Suche nach einfachen Antworten auf komplexe Fragen. Besonders der klassisch liberale Beobachter sollte dabei mit Unbehagen auf den Wahltag am 8. November blicken. Weder Donald Trump noch Hillary Clinton bieten dem Wähler einen Weg zu mehr individueller Freiheit und Liberalität. Zwar duellieren sich die beiden heftig auf persönlicher Ebene, inhaltlich ist man sich aber näher, als man zugeben möchte. Ob Trump oder Clinton – lediglich die Facette, welche der autoritäre Staat und die damit einhergehende Misere annähme, würde sich unterscheiden.
Donald Trump stellt für seine Unterstützer eher ein Ventil für Wut und Enttäuschung als eine ersthafte programmatische Alternative dar. Ihn einer traditionellen Denkschule zuzuordnen ist unmöglich und wird von seinen Unterstützern auch nicht gefordert. Die Abneigung gegenüber der Politik vergangener Jahrzehnte ist stark genug, um eine ausreichende Basis für einen politischen Erdrutsch zu bilden.
Die politische Einordung von Hillary Clinton fällt leichter. Ihr Wahlprogramm sowie jüngste Aussagen machen deutlich, dass sie Teil der sogenannten progressiven Bewegung ist. Das ausgesprochene Ziel des Progressivismus ist die Modernisierung der Gesellschaft. Dabei verlässt man sich zunehmend auf die Macht des Staates. Die Freiheit des Individuums spielt eine zunehmend immer untergeordnetere Rolle.
Sowohl Trump als auch Clinton stimmen darüber hinaus in einer grundsätzlichen Ablehnung der Prinzipien liberaler Wirtschaftspolitik überein. Während Hillary Clinton beispielsweise den Bankrott der einheimischen Kohleindustrie aktiv fördern möchte, hat Donald Trump angedeutet, einzelne Jobs durch verschiedenste Subventionen erhalten zu wollen. Beide Kandidaten reagieren zudem auf den öffentlichen Protest gegen die Idee des Freihandels mit einer Art merkantilistischer America First Politik. Während Donald Trump Zölle auf die Einfuhr ausländischer Produkte erlassen möchte, um den einheimischen Produktionssektor zu schützen, will Clinton der nationalen Industrie mit enormen Steuervorteilen einen massiven Wettbewerbsvorsprung geben.
Als Friedrich August von Hayek sein Werk Der Weg zur Knechtschaft im Jahr 1944 zum ersten Mal veröffentlichte, warnte er vor politischen Bewegungen, die durch Ziele wie totale Gleichheit oder grenzenlose Sicherheit um jeden Preis auch in westlichen Ländern attraktiv werden könnten. Das, wovor Hayek einst gewarnt hatte, ist in den USA heute jedoch politische und gesellschaftliche Realität geworden. Der Träger des Nobelpreises für Wirtschaftswissenschaften hätte sowohl in Trump als auch in Clinton potentielle Navigatoren zur Knechtschaft - also zur Machtverlagerung vom Einzelnen hin zum Staat – gesehen.
Viele US-Amerikaner sind aufgrund ihrer wahrgenommenen Perspektivlosigkeit verzweifelt und haben das Gefühl, an dieser Situation selbst nichts ändern zu können. Hayek stellte früh die These auf, dass man „geistige Unabhängigkeit und Charakterstärke selten bei Menschen findet, die nicht damit rechnen können, aus eigener Kraft ihr Glück zu machen.“ In dieser Situation scheint der radikale Regimewechsel oft der letzte Ausweg zu sein. Donald Trump erweckt durch seinen unternehmerischen Erfolg den Eindruck, dass er auch als Präsident in Washington die Vereinigten Staaten wieder in die „Siegerspur“ bringen kann. Wie er das erreichen möchte bleibt unklar.
Hayek hat vor der Unterdrückung der Demokratie im frühen 20. Jahrhundert ein Stadium erkannt, welches „von dem allgemeinen Verlangen nach schnellem und entschlossenen Handeln der Regierung und von der Unzufriedenheit mit dem langsamen und schwerfälligen demokratischen Geschäftsgang“ gekennzeichnet sei. Das führe dazu, dass ein Handeln unter allen Umständen gefordert würde. „In einem solchen Augenblicke übt der Mann oder die Partei, welche stark und entschieden genug zu sein scheinen, um »durchzugreifen«, die größte Anziehungskraft aus. (…) Was sie suchen, ist eine Persönlichkeit, hinter der genug steht, damit man ihr die Durchführung jeder Aufgabe zutraut.“
So attraktiv ein politischer Paukenschlag auch sein mag, so wenig nachhaltig wird der von Trump jedoch sein. Anders als damals bei Ronald Reagan in den 1980er Jahren wird man ihn im Falle eines Wahlsieges nämlich nicht mit einem detaillierten ökonomischen Reformpaket vergleichen können, welches er vor der Wahl angeboten hatte. Gewinnt Trump die Wahl, hat er die notwendige Macht gewonnen, um seine Beliebigkeit in welcher Form auch immer politische Realität werden zu lassen.
Für Liberale ist die Entscheidung pro Individuum deswegen immer die bessere Alternative. Genau diese Feststellung widerstrebt aber auch den Idealen des Progressivismus und damit der Politik von Hillary Clinton. Man sieht den Staat als Heilsbringer, der die Menschen erziehen und ihr Leben durch zentrale Planung zu einem „besseren“ Leben machen kann. Hayek dazu: „Zur Rechtfertigung eines bestimmten Planes bedarf es aber nicht vernünftiger Überlegung, sondern des Bekenntnisses zu einem Glauben. Und tatsächlich erkannten all die Sozialisten sehr bald, dass die Aufgabe, die sie sich gestellt hatten, die allgemeine Annahme einer gemeinsamen Weltanschauung, eines bestimmten Systems von Werten erfordert.“ Progressive US Eliten versuchen deshalb, bis tief in die Gesellschaft hineinzudrängen.
Hayek wusste, dass wir eine solche allumfassende Werteskala nicht besitzen: „Es überstiege Menschenkraft, die unendliche Mannigfaltigkeit der verschiedenen Bedürfnisse der verschiedenen Menschen zu erfassen und jedem die ihm zukommende Bedeutung zuzuweisen.“ Hillary Clinton erweckt aber den Eindruck, genau zu wissen, wie ein Farmer in Texas leben sollte, um ein gutes Leben zu haben. Darüber hinaus steht sie nicht nur für autoritäre Planung im Inneren der Vereinigten Staaten, sondern auch für eine Fortsetzung der US Außenpolitik als Weltpolizei und Heilsbringer für Menschen in fremden Kulturkreisen.
Bei aufmerksamer Beobachtung des politischen Geschehens in den USA wird deutlich, dass nur noch diskutiert wird, wer von Trump und Clinton denn das kleinere Übel sein könnte. Ronald Reagan und Abraham Lincoln wären von dieser Entwicklung enttäuscht. Letzterer war der erste amtierende Präsident der damals neu gegründeten Republikanischen Partei. Danach folgte mit der schrittweisen Abschaffung der Sklaverei eine echte Revolution. Wenn die US Bürger fundamentalen Wandel möchten, sollte sie nach einer echten programmatischen und ideologischen Alternative suchen, die vielleicht nicht von Seiten der etablierten Parteien kommt. 2016 könnte ein großer Schritt zu dem werden, was Hayek als Knechtschaft bezeichnet hat. 2016 könnte aber auch das Jahr einer dritten Partei werden, die das politische Washington fundamental verändert.
Dieser Text basiert auf einem Vortrag beim Hayek Club Fulda am 30. Juni 2016.