Die private Rentenvorsorge in Deutschland ist zu schwach. Dieser Beitrag macht einen Vorschlag, wie mit einer einfachen Änderung der Anteil der privaten Vorsorge erhöht werden kann – wirkungsvoll und zwanglos. Künftig soll bei der Standardoption beim Abschluss einer privaten kapitalgedeckten Rentenversicherung eine sogenannte Opt-Out- statt eine Opt-In-Klausel gelten. Im Moment ist Deutschland demographisch gesehen noch gut dran. Die Generation der "Babyboomer" hat das Rentenalter noch nicht erreicht. Das ändert sich zwischen 2020 und 2030. In dieser Zeit wird sich das Verhältnis der Zahl der Ruheständler zur Zahl der Personen im erwerbsfähigen Alter von eins zu drei auf zwei zu drei verdoppeln. Das ist seit langem bekannt. Die Politik hat mit der Riester-Rente im Jahr 2001 und dem Nachhaltigkeitsfaktor im Jahr 2004 darauf reagiert. Der Anstieg des Beitragssatzes wurde durch diese Reformen begrenzt. Er wird 2030 etwa 22 Prozent erreichen. Dazu musste allerdings in Kauf genommen werden, dass das Leistungsniveau der gesetzlichen Rentenversicherung sinkt und nur noch etwa 43 Prozent des Nettolohns ersetzen kann. Diese Politik belastet die heute Älteren, verschafft den jungen Generationen aber finanziellen Spielraum, weil sie geringere Rentenbeiträge entrichten müssen. Die Rechnung geht aber nur auf, wenn sie diesen Spielraum für private kapitalgedeckte Vorsorge nutzen.
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Andreas Knabe, Joachim Weimann considers the following as important:
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Die private Rentenvorsorge in Deutschland ist zu schwach. Dieser Beitrag macht einen Vorschlag, wie mit einer einfachen Änderung der Anteil der privaten Vorsorge erhöht werden kann – wirkungsvoll und zwanglos. Künftig soll bei der Standardoption beim Abschluss einer privaten kapitalgedeckten Rentenversicherung eine sogenannte Opt-Out- statt eine Opt-In-Klausel gelten.
Im Moment ist Deutschland demographisch gesehen noch gut dran. Die Generation der "Babyboomer" hat das Rentenalter noch nicht erreicht. Das ändert sich zwischen 2020 und 2030. In dieser Zeit wird sich das Verhältnis der Zahl der Ruheständler zur Zahl der Personen im erwerbsfähigen Alter von eins zu drei auf zwei zu drei verdoppeln.
Das ist seit langem bekannt. Die Politik hat mit der Riester-Rente im Jahr 2001 und dem Nachhaltigkeitsfaktor im Jahr 2004 darauf reagiert. Der Anstieg des Beitragssatzes wurde durch diese Reformen begrenzt. Er wird 2030 etwa 22 Prozent erreichen. Dazu musste allerdings in Kauf genommen werden, dass das Leistungsniveau der gesetzlichen Rentenversicherung sinkt und nur noch etwa 43 Prozent des Nettolohns ersetzen kann. Diese Politik belastet die heute Älteren, verschafft den jungen Generationen aber finanziellen Spielraum, weil sie geringere Rentenbeiträge entrichten müssen. Die Rechnung geht aber nur auf, wenn sie diesen Spielraum für private kapitalgedeckte Vorsorge nutzen.
Das passiert bisher viel zu wenig. Vor allem die Riester-Rente wird nur schlecht angenommen. Es gibt zurzeit rund 12,4 Millionen aktive Riester-Verträge. Damit nutzt nur etwa jeder vierte Arbeitnehmer diese staatlich geförderte Möglichkeit der privaten Altersvorsorge. Wichtige Gründe für die Zurückhaltung sind die hohen und vor allem intransparenten Kosten vieler Riester-Verträge sowie ein weit verbreitetes Misstrauen gegenüber privaten Finanzdienstleistern. Aber ohne private Vorsorge droht Altersarmut in einem gesellschaftlich nur schwer zu verkraftenden Ausmaß. Die Riester-Rente hat gezeigt, dass staatliche Förderung allein nicht ausreicht. Ein Zwang zum Riester-Sparen ist politisch nicht durchsetzbar, wie die Erfahrungen der Rentenreform 2001 beweisen. Was also kann getan werden?
Eine sanfte Rentenreform
Wir wollen die private Rentenvorsorge durch einen "sanften" Eingriff stärken. In unserem Vorschlag wird niemand gezwungen, mehr zu sparen, die Nettoeinkommen werden durch die zusätzlichen Rentenbeiträge nicht sinken, der Staat muss keine zusätzlichen Fördergelder bereitstellen und die Vorteile für die Sparer werden nicht durch intransparente und überteuerte Verträge aufgefressen. Wir nehmen dabei nicht in Anspruch, einen grundsätzlich neuen Vorschlag zu entwickeln. Wir kombinieren bekannte und erprobte Maßnahmen so, dass sie sich zu einem wirksamen und politisch umsetzbaren Maßnahmenbündel zusammenfügen.
Das Kernstück unseres Vorschlags ist die Änderung der Standardoption beim Abschluss einer privaten kapitalgedeckten Rentenversicherung. Gegenwärtig gilt eine Opt-In-Klausel, d.h. nur derjenige sorgt zusätzlich vor, der sich aktiv für eine private Rentenversicherung entscheidet. Die verhaltensökonomische Forschung hat allerdings gezeigt, dass viele Menschen keine aktive Entscheidung treffen wollen und dem Status Quo dem Vorzug geben, selbst wenn die Änderung der Ausgangssituation potentiell Vorteile bietet und nur mit geringen Kosten verbunden ist. Außerdem hat der Abschluss eines privaten Rentenvertrags zur Folge, dass heute auf Konsum verzichtet werden muss, die Erträge aber erst in der Zukunft anfallen. Menschen mit ausgeprägter Gegenwartspräferenz verzichten deshalb auf die Vorsorge und treffen dabei eine zeitinkonsistente Entscheidung. Auch dafür gibt es vielfältige Belege in der Verhaltensökonomie.
Wir schlagen vor, statt der Opt-In- eine Opt-Out-Klausel als Standardoption vorzusehen. Jeder gesetzlich Versicherte zahlt in eine zusätzliche Rentenversicherung ein, solange er sich nicht aktiv dagegen entscheidet. Die Möglichkeiten, sich für oder gegen bestimmte Formen der Rentenvorsorge zu entscheiden, werden durch diese Maßnahme also in keiner Weise verändert. Wären die Menschen vollständig rational, sollte eine solche Änderung der Standardoption nicht zu mehr Vorsorge führen. Allerdings konnte man in verschiedenen Ländern (USA, Großbritannien, Neuseeland) beobachten, dass der Übergang zu einer Opt-Out-Regel zu einem massiven Anstieg der Ersparnisbildung führte.
Einführung eines staatlichen Pensionsfonds
Wir schlagen weiterhin vor, dass die Beiträge derer, die in der neuen Versicherung bleiben, auf individuellen Konten bei der gesetzlichen Rentenversicherung gutgeschrieben werden. Diese führt das angesparte Vermögen in einem staatlichen Fonds zusammen und investiert es am Kapitalmarkt. International ist dieses Vorgehen bereits etabliert. In Großbritannien übernimmt zum Beispiel der 2008 gegründete National Employment Savings Trust diese Aufgabe. Die Praxis zeigt, dass staatliche Fonds sehr effizient mit dem eingesetzten Vermögen umgehen können. Gute Beispiele dafür liefern die staatlichen Pensionsfonds in Schweden und Norwegen. Seit 1998 zahlen alle gesetzlich rentenversicherten Schweden zusätzlich zum Beitrag zur umlagefinanzierten Rente einen Beitrag von 2,5% ihres Einkommens in individuelle kapitalgedeckte Konten. Wenn kein anderer Fonds gewählt wird, wird das individuelle Vermögen in einem staatlichen Fonds angelegt. In den letzten 15 Jahren war die Wertentwicklung des staatlichen Fonds deutlich besser als die des Durchschnitts der privaten Fonds. Die Verwaltungskosten lagen hingegen bei lediglich 0,12% des Anlagevermögens. Eine ähnlich vorteilhafte Entwicklung hat der norwegische staatliche Pensionsfonds genommen, der mit einem Vermögen von über 800 Milliarden US-Dollar der größte Staatsfonds der Welt ist.
Die Einführung des staatlichen kapitalgedeckten Rentenfonds darf den Wettbewerb zwischen privaten und staatlichen Anbietern nicht verzerren. Der staatliche Rentenfonds muss den gleichen Wettbewerbsbedingungen wie die privaten Rentenversicherungen unterliegen. Jeder Versicherte kann das im staatlichen Rentenfonds angesparte Vermögen an eine private Rentenversicherung übertragen – und umgekehrt. Der staatliche Rentenfonds muss sich durch transparent erhobene Verwaltungskosten selbst finanzieren und darf nicht aus anderen Quellen quersubventioniert werden. So kann ein fairer Wettbewerb entstehen, bei dem sich jeder Erwerbstätige frei zwischen dem staatlichen Rentenfonds, den privaten Rentenversicherungen und der Nichtversicherung entscheiden kann.
Ein mögliches Problem könnte unmittelbar bei der Einführung der Opt-Out-Regel entstehen. Es könnte sein, dass viele Menschen, wenn sie das erste Mal die neuen Abzüge auf ihrem Gehaltszettel sehen, sofort ihren Verzicht auf private Vorsorge erklären. Um dies zu vermeiden, kann man die Einführung der privaten Sparbeträge so ausgestalten, dass die Beitragssätze erst dann steigen, wenn auch das Bruttoeinkommen steigt, so dass es nie zu einer Reduktion des Nettolohns kommt. In den USA hat man mit diesem sogenannten "Save More Tomorrow" Modell gute Erfahrungen gemacht.
Ergänzende Maßnahmen
Abgerundet wird unser Reformpaket durch die verbindliche Einführung des Rentensplittings für die private Vorsorge. Das bedeutet, dass bei Verheirateten immer beide Eheleute zu gleichen Anteilen Ansprüche erwerben, gleichgültig, wer einzahlt. Damit wird der zu erwartenden besonderen Problematik von Frauen Rechnung getragen, die nach dem Tod des Ehemanns häufig keine eigenen Ansprüche besitzen und auf die schlecht ausgestattete Witwenrente zurückfallen. Schließlich wird das Anreizproblem bei Geringverdienern dadurch verringert, dass für privat erworbene Rentenansprüche beim Bezug von ergänzender Grundsicherung ein Freibetrag gewährt wird.
Wir verstehen unseren Vorschlag als eine "sanfte" Reform, die deutlich weniger in die Freiheitsrechte jedes einzelnen eingreift als beispielsweise eine Zwangsvorsorge, aber nichtsdestotrotz eine sehr wirkungsvolle Methode zur Stimulation privater Rentenvorsorge darstellt und auf diese Weise die Folgen des demographischen Wandels deutlich abmildern hilft.
©KOF ETH Zürich, 20. Jan. 2016