Männer und Frauen unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Risikopräferenzen. Diese wiederum etwa nehmen möglicherweise unberechtigten Einfluss auf die Selektion von Spitzenpersonal. Damit könnten sie in wichtigen Gremien indirekt eine Homogenität fördern, welche die dort getroffenen Entscheidungen anfällig für geschlechterspezifische Verzerrung macht. Dieser Beitrag gibt ein Beispiel für eine solche Verzerrung und zeigt, dass mehr Diversität zur Verbesserung von Entscheidungsqualität beitragen könnte. Menschen in Spitzenpositionen haben häufig eine Gemeinsamkeit: sie sind Männer. In den Top 1500 U.S.- Börsenunternehmen teilen sogar mehr Männer in Führungspositionen den Vornamen John als insgesamt leitende Mitarbeiter weiblich sind. Deutsche Vorstände weisen ähnlich unausgeglichene Geschlechterverteilungen auf. Die Zahl der weiblichen Vorstandsmitglieder in den 200 deutschen Top-Unternehmen bleibt mit aktuell 5,4 Prozent gering. In großen deutschen Banken und Sparkassen betrug der Frauenanteil in Vorstand und Geschäftsführung in 2014 nur 6,7 Prozent und unter den Vorständen großer Versicherungen in Deutschland sind ebenfalls weniger als ein Zehntel weiblich. Frauen stellen 15 Prozent der höchsten Beamten in Deutschland, 22 Prozent der Professoren und 36 Prozent der Bundestagsmitglieder .
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Andreas Friedl, Levke Jessen-Thiesen considers the following as important:
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Männer und Frauen unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Risikopräferenzen. Diese wiederum etwa nehmen möglicherweise unberechtigten Einfluss auf die Selektion von Spitzenpersonal. Damit könnten sie in wichtigen Gremien indirekt eine Homogenität fördern, welche die dort getroffenen Entscheidungen anfällig für geschlechterspezifische Verzerrung macht. Dieser Beitrag gibt ein Beispiel für eine solche Verzerrung und zeigt, dass mehr Diversität zur Verbesserung von Entscheidungsqualität beitragen könnte.
Menschen in Spitzenpositionen haben häufig eine Gemeinsamkeit: sie sind Männer. In den Top 1500 U.S.- Börsenunternehmen teilen sogar mehr Männer in Führungspositionen den Vornamen John als insgesamt leitende Mitarbeiter weiblich sind. Deutsche Vorstände weisen ähnlich unausgeglichene Geschlechterverteilungen auf. Die Zahl der weiblichen Vorstandsmitglieder in den 200 deutschen Top-Unternehmen bleibt mit aktuell 5,4 Prozent gering. In großen deutschen Banken und Sparkassen betrug der Frauenanteil in Vorstand und Geschäftsführung in 2014 nur 6,7 Prozent und unter den Vorständen großer Versicherungen in Deutschland sind ebenfalls weniger als ein Zehntel weiblich. Frauen stellen 15 Prozent der höchsten Beamten in Deutschland, 22 Prozent der Professoren und 36 Prozent der Bundestagsmitglieder .
Für diese ungleiche Repräsentation der Geschlechter in zentralen Positionen wird neben Geschlechterdiskriminierung und unflexibler Familienpolitik auch Selbstselektion als eine möglichen Ursachen gesehen. Die Mehrheit der Berufe auf dem deutschen Arbeitsmarkt lassen sich noch immer in Männer- bzw. Frauendomänen einteilen. Auch die Karriereentscheidungen nach der Berufswahl unterscheiden sich möglicherweise zwischen den Geschlechtern. Frauen verhalten sich im Durchschnitt häufiger risikoavers als Männer und Studien zeigen, dass risikoaverse Menschen häufiger Jobs mit einer geringen Gehaltsvariabilität ausüben. So finden sich risikoaverse Menschen beispielsweise öfter im öffentlichen Dienst oder im Lehramt . Frauen, die eine Vorstandsposition innehaben, sind hingegen im Mittel besonders risikobereit. Risikopräferenzen könnten also ein Kriterium für die Erreichung von Spitzenpositionen sein.
In Hinblick auf die gesellschaftliche Repräsentation aller Geschlechter in gesellschaftlichen Funktionen ist die geringe Anzahl von Frauen in Spitzenpositionen als ungerecht anzusehen. Darüber hinaus könnte die unausgeglichene Besetzung auch für die in diesen Positionen getroffenen Entscheidungen problematisch sein. Menschliche Entscheidungen sind selten vollständig rational. Sie lassen sich durch verschiedene Faktoren vom rationalen Kalkül ablenken. Bestimmte Gruppen können davon stärker betroffen sein als andere. Kühl kalkulierende Akteure würden eine Risikoentscheidung unter Berücksichtigung des Erwartungswertes und persönlicher Risikopräferenz abwägen. Faktoren, die das Risiko nicht verändern, sollten auf die Entscheidung keinen Einfluss haben. Allerdings zeigt sich in verschiedenen Experimenten , dass Probanden ein höheres Risiko eingehen, wenn ihre Entscheidung von anderen Teilnehmern beobachtet werden konnte. Vor allem Männer waren von dieser Verzerrung betroffen.
Ein Beispiel dafür, wie sich Risikoentscheidungen mit dem sozialen Vergleich verändern, ist eine Studie von Schmidt, Friedl und Lima de Miranda (2015). Die Forscher bieten Gruppen studentischer Probanden eine Wette an. Ein Münzwurf entscheidet darüber, ob sie 10 Euro gewinnen. In einer Gruppe wird für alle Teilnehmer eine Münze geworfen, in der anderen Gruppe wird eine Münze für jeden einzeln geworfen. Die Probanden geben an, wie viel sie für die Teilnahme an der Wette zu zahlen bereit sind. Männer zahlen im Mittel 48 Eurocent mehr für die Wette, wenn das Ergebnis einer Münze gleichzeitig für alle im Raum gilt. Sie geben somit fast 10 Prozent des Erwartungswertes mehr aus, wenn nicht die Gefahr besteht, im Vergleich mit anderen Spielern im Raum schlechter abzuschneiden. Bei Frauen hingegen unterscheidet sich der durchschnittliche gezahlte Preis zwischen den Gruppen nur minimal. Männer bewerten dem Anschein nach ein Risiko als weniger drastisch, wenn es andere in ihrem Umfeld gleichermaßen betrifft. Sie gehen gemeinsam mehr Risiko ein als sie es allein täten. Ob die Münze einzeln oder für alle gemeinsam geworfen wird, ändert nicht die Wahrscheinlichkeit, dass sie Kopf oder Zahl zeigt. Für ein verändertes Entscheidungsverhalten bei gemeinsamem Münzwurf gibt es also keine rationale Erklärung.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Männer und Frauen sich nicht nur bezüglich ihrer Risikopräferenz unterscheiden, sondern sich auch unterschiedlich stark in ihrer Risikoentscheidung beeinflussen lassen. In der Praxis könnte dies bedeuten, dass Gremien, die zum großen Teil aus Männern bestehen, verzerrte Entscheidungen treffen, etwa wenn sie unter sozialem Vergleich ein höheres Risiko eingehen. Eine diversere Besetzung von Spitzenpositionen könnte solche ungewollten Verzerrungen reduzieren. Dabei sollte nicht ignoriert werden, dass sich Risikopräferenzen möglicherweise auch auf Karriereentscheidungen auswirken. Letztlich könnten sie ein Grund dafür sein, dass Frauen seltener für Spitzenpositionen ausgewählt werden oder diese seltener anstreben. Dennoch sind Verhaltens- und Präferenzunterschiede keine Legitimation für die geringe Repräsentanz von Frauen in zentralen Positionen. Vielmehr sollten solche Unterschiede bewusst wahrgenommen und als Potential für die Entwicklung hoher Entscheidungskompetenz in Spitzengpositionen begriffen werden.
Schmidt, U., Friedl, A. & de Miranda, K. 2015. "Social comparison and gender differences in risk raking[ a ]", Kiel Working Paper No. 2011.
©KOF ETH Zürich, 15. Jan. 2016