John Greenwood, Chefökonom bei Invesco. Während der Aufschwung in den USA weiter an Stärke gewinnt, ist der Ausblick für die Eurozone und Japan nach wie vor nur gedämpft. Grund ist die fehlgeleitete Geldpolitik der Europäischen Zentralbank und der Bank of Japan, schreibt Invesco-Chefökonom John Greenwood in seinem jährlichen Markt- und Wirtschaftsausblick für 2017. Zu den neuen Variablen, die 2017 hinzukommen, gehören die geplanten fiskalpolitischen Stimulusmassnahmen des designierten US-Präsidenten Donald Trump sowie neue politische Ungewissheiten in Europa, wo im kommenden Jahr mehrere wegweisende Wahlen sowie der Beginn der "Brexit"-Verhandlungen anstehen. In den Schwellenmärkten laute die grosse Frage, ob es China gelingt, das zuletzt explosive Kreditwachstum einzudämmen. Allgemein wird erwartet, dass die US-Wirtschaft unter Donald Trumps Führung Fahrt aufnehmen wird. Der Chefökonom von Invesco rechnet aber nur mit einer moderaten Beschleunigung des US-BIP-Wachstums auf 2,4% im Jahr 2017 und 2,6% im Jahr 2018. Die Wahlkampfansage eines Wachstums von 3,5-4,0% hält er für überzogen.
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Während der Aufschwung in den USA weiter an Stärke gewinnt, ist der Ausblick für die Eurozone und Japan nach wie vor nur gedämpft. Grund ist die fehlgeleitete Geldpolitik der Europäischen Zentralbank und der Bank of Japan, schreibt Invesco-Chefökonom John Greenwood in seinem jährlichen Markt- und Wirtschaftsausblick für 2017.
Zu den neuen Variablen, die 2017 hinzukommen, gehören die geplanten fiskalpolitischen Stimulusmassnahmen des designierten US-Präsidenten Donald Trump sowie neue politische Ungewissheiten in Europa, wo im kommenden Jahr mehrere wegweisende Wahlen sowie der Beginn der "Brexit"-Verhandlungen anstehen. In den Schwellenmärkten laute die grosse Frage, ob es China gelingt, das zuletzt explosive Kreditwachstum einzudämmen.
Allgemein wird erwartet, dass die US-Wirtschaft unter Donald Trumps Führung Fahrt aufnehmen wird. Der Chefökonom von Invesco rechnet aber nur mit einer moderaten Beschleunigung des US-BIP-Wachstums auf 2,4% im Jahr 2017 und 2,6% im Jahr 2018. Die Wahlkampfansage eines Wachstums von 3,5-4,0% hält er für überzogen. "Zudem wird das höhere Wachstum im Jahr 2017 kaum fiskalpolitischen Stimulusmassnahmen, Steuersenkungen oder Infrastrukturausgaben zu verdanken sein, sondern dem an Stärke gewinnenden konjunkturellen Aufschwung, einem glücklichen Erbe für den neuen Präsidenten", schreibt Greenwood. Er geht davon aus, dass die US-amerikanische Notenbank (Fed) die Zinsen im kommenden Jahr noch zwei oder drei Mal anheben wird, so dass die Zielspanne für die Fed Funds Rate zum Jahresende 2017 bei 1,00-1,25% liegen dürfte. Die entscheidende Frage sei, ob das Geld- und Kreditwachstum nachhaltig bei rund 6-8% p.a. gehalten werden könne. Gelänge dies, werde die Wirtschaft die Zinserhöhungen leicht verkraften können. Einem mehrjährigen Aufschwung bis zum Erreichen des konjunkturellen Höhepunktes stünde dann nichts entgegen.
Anders als die Fed haben die Europäische Zentralbank und die Bank of Japan Greenwood zufolge nicht für die geldpolitischen Impulse gesorgt, die nötig sind, um das Wachstum anzukurbeln. Da das Regelwerk der Europäischen Kommission keine expansive Fiskalpolitik bei gleichzeitiger Beschleunigung des Geldwachstums zulässt, erwartet Greenwood in der Eurozone 2017 eine Verlangsamung des realen BIP-Wachstums auf rund 1,2%, während die Inflation weiter deutlich hinter dem Zielwert von "nahe an, aber unter 2%" liegen werde. In Japan rechnet er bis auf weiteres mit einem Wachstum von rund 1% und anhaltenden Deflationsrisiken, nachdem die Strukturreformen und fiskalpolitischen Stimulusmassnahmen im Rahmen des "Abenomics"-Programms bislang nicht die gewünschte Wirkung gezeigt haben.
Im kommenden Jahr müssen sich die Regierungen der klassischen rechten oder linken Mitte in den Niederlanden, Frankreich und Deutschland zur Wiederwahl stellen. In diesem Zusammenhang sieht Greenwood ein erhebliches Risiko weiterer politischer Umwälzungen in der Eurozone. "Sollten verdrossene Wähler die regierende Elite in einem oder mehreren dieser Länder ersetzen, könnte das den Fortbestand des bestehenden Systems – auf nationaler Ebene, auf Ebene der Europäischen Union (EU) oder der Eurozone – in Frage stellen", schreibt er.
In Grossbritannien dürften die negativen Folgen des Brexit-Votums das reale BIP-Wachstum – und vor allem die ausländischen Direktinvestitionen – dämpfen. Gleichzeitig könnten die von der Bank of England (BoE) im August umgesetzten Massnahmen zur Stärkung der Kreditvergabe die durch das schwache Pfund importierte Inflation durch eine zusätzliche Teuerung im Inland verstärken. Greenwood rechnet in Grossbritannien 2017 mit einem realen BIP-Wachstum von 1,5% und einem schrittweisen Anstieg der Verbraucherpreisinflation in Richtung 3%. Während der Brexit-Verhandlungen müsse zudem mit erheblichen Wertschwankungen des Pfundes und einer hohen Volatilität an den britischen Finanzmärkten gerechnet werden.
In den Schwellenmärkten differenziert Greenwood zwischen rohstoffproduzierenden Ländern und auf die Industriegüterproduktion spezialisierten Staaten. Während erstere mit schlechten Handelsbedingungen zu kämpfen hätten, würden letztere noch auf einen nennenswerten Aufschwung in den Industrieländern warten, ihren wichtigsten Absatzmärkten. Wie er hervorhebt, haben mehrere Schwellenländer in den letzten acht Jahren deutlich höhere Schuldenberge angehäuft. Durch die jetzt nötige Phase des Schuldenabbaus im In- und Ausland verzögere sich der Erholungsprozess.
Als besonders bedenklich wertet Greenwood die Anzeichen dafür, dass das zuletzt explosive Kreditwachstum in China auch auf andere Bereiche der Wirtschaft übergreift. Dafür sprächen kleinere Preisblasen an den Aktienmärkten, am Immobilienmarkt und an den Rohstoffmärkten, das zuletzt starke Umsatz- und Gewinnwachstum der grossen industriellen Staatsunternehmen und der jüngste Anstieg der Erzeugerpreise. "Je schneller die chinesische Regierung diese Probleme adressiert, desto weniger Schaden werden Wirtschaft und Arbeitsmarkt nehmen", sagt er. Wie die chinesische Regierung diese Problematik angehen wird – durch Repression und direkte Kontrollen oder durch eine Beschränkung der Kreditvergabe – sei eine der grossen Unbekannten des Jahres 2017. "Da China das bei weitem grösste Schwellenland und der grösste Rohstoffkäufer am Weltmarkt ist, könnte das erneut hohe Kreditwachstum hier die Inflation anheizen und sich auf die globalen Rohstoffpreise auswirken", sagt Greenwood. "Das würde nicht nur den Übergang zu einem stärker konsumorientierten Wachstumsmodell behindern, sondern hätte auch gravierende Folgewirkungen in anderen Schwellenmärkten – vor allem in rohstoffproduzierenden Ländern und bei Chinas ostasiatischen Nachbarn."
Trotz dieser kurz- bis mittelfristigen Rückschläge im Erholungsprozess hält Greenwood an seiner seit langem vertretenen Erwartung fest, dass der aktuelle globale Konjunkturaufschwung überdurchschnittlich lange andauern wird. "Der wichtigste Grund dafür ist, dass das unterdurchschnittliche Wachstum und die niedrige Inflation eine restriktivere Geldpolitik, die den Aufschwung vorzeitig beenden würde, unnötig machen werden", sagt er. Der Chefökonom von Invesco hält es auch für unwahrscheinlich, dass Rezessionen oder Wachstumsschwächen in den Schwellenmärkten die moderate Erholung in den Industrieländern stoppen werden. Zudem zeige die Erholung in den USA, obwohl sie bereits siebeneinhalb Jahre andauert, erst jetzt allmählich die typischen Merkmale einer normalen Erholung. So sei die finanzielle Lage der Unternehmen und privaten Haushalte in den USA jetzt wieder so gut, dass die Unternehmensinvestitionen und Konsumausgaben zu ihrer normalen Dynamik zurückfinden könnten.