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Heisser Anlagetip

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Urs Birchler Der Herbst kommt und mit ihm die Sorge, wie wir unser Geld überwintern können. In den Zeitungen lesen wir faktenfreie Weisheiten wie „Der September ist oft ein schwieriger Börsenmonat“ [Quelle dem Autor bekannt] und ähnliches. Ratgeberkolumnen sind gut gemeint und oft mit viel Fachwissen geschrieben. Der/die einfache Anleger/in tut gleichwohl gut, sich misstrauisch an ein paar Regeln zu halten: Der Fehler gehört mir. Die Verantwortung und das Risiko verbleiben stets beim Anleger selbst. Berater haben nachträglich immer eine gute Ausrede („Wer hätte gedacht, dass…“). Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht. Richtig! Kaufen Sie nichts, was Sie nicht verstehen. Tausendmal gelesen und täglich tausendfach ignoriert. Produkte wie Index Super Safe Performance [Name erfunden] braucht kaum jemand. Versuchen Sie, das Ding Ihrer liebsten Person zu erklären. Wenn Sie es nicht in ein paar Sätzen schaffen (oder wenn Sie sich schon gar nicht getrauen!): Hände weg (vom Produkt). Das Ganze ist mehr als die Summe der Teile. Das bedeutet mehr als Diversifikation. Anlage-Empfehlungen, die nicht von Ihrem ganzen Portefeuille an Anlagen und Verpflichtungen (z.B. auch künftige Pflegekosten) ausgehen, sind wertlos. Es hat auch wenig Sinn, eine unsichere Anlage zu tätigen, wenn statt dessen eine Hypothek abbezahlt werden könnte.

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Urs Birchler

Der Herbst kommt und mit ihm die Sorge, wie wir unser Geld überwintern können. In den Zeitungen lesen wir faktenfreie Weisheiten wie „Der September ist oft ein schwieriger Börsenmonat“ [Quelle dem Autor bekannt] und ähnliches. Ratgeberkolumnen sind gut gemeint und oft mit viel Fachwissen geschrieben. Der/die einfache Anleger/in tut gleichwohl gut, sich misstrauisch an ein paar Regeln zu halten:

  1. Der Fehler gehört mir. Die Verantwortung und das Risiko verbleiben stets beim Anleger selbst. Berater haben nachträglich immer eine gute Ausrede („Wer hätte gedacht, dass…“).
  2. Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht. Richtig! Kaufen Sie nichts, was Sie nicht verstehen. Tausendmal gelesen und täglich tausendfach ignoriert. Produkte wie Index Super Safe Performance [Name erfunden] braucht kaum jemand. Versuchen Sie, das Ding Ihrer liebsten Person zu erklären. Wenn Sie es nicht in ein paar Sätzen schaffen (oder wenn Sie sich schon gar nicht getrauen!): Hände weg (vom Produkt).
  3. Das Ganze ist mehr als die Summe der Teile. Das bedeutet mehr als Diversifikation. Anlage-Empfehlungen, die nicht von Ihrem ganzen Portefeuille an Anlagen und Verpflichtungen (z.B. auch künftige Pflegekosten) ausgehen, sind wertlos. Es hat auch wenig Sinn, eine unsichere Anlage zu tätigen, wenn statt dessen eine Hypothek abbezahlt werden könnte. (Die Steuerersparnis wegen Abzug der Schuldzinsen lohnt sich selten, vor allem nicht beim heutigen Zinsniveau.)
  4. Erkenne Dich selbst. Wenn die Bank empfiehlt, die Hypothek zu erhöhen (wegen der erwähnten Steuerersparnis), vergisst sie, dass das Geld nur allzu leicht in den Konsum fliesst. Das „gmurete Kässeli“ hat durchaus seinen Sinn als Selbstbindung.
  5. Klavier schlägt Papier. Denken Sie nicht an Anlagen, sondern an Ihr Leben. Von meinem ersten Zahltag habe ich eine Gitarre und fünf Skilift-Aktien gekauft. Letztere sind immer noch ein paar Franken wert; erstere steht auf dem Estrich. Trotzdem haben mir die verzweifelten Stunden, in denen ich damals „Love in vain“ zu zupfen versuchte, mehr gebracht als jede Finanzanlage.
  6. Kaufen Sie Ohropax. Wer Ihnen in eigener Initiative Anlagen empfiehlt, hat meist ein Eigeninteresse (z.B. Provisionen). Oder überschätzt sich. Oder beides. Auch die Börsenratgeber in den Zeitungen schreiben, um sich zu profilieren, nicht weil sie mehr wissen. Legen Sie den Börsenteil jeweils gleich zum Altpapier. (Und über Geheimtips unter Kollegen — oder aus dem Internet — müssen wir gar nicht reden.)

Wie Sie jetzt anlegen sollen? Ganz einfach: Kaufen Sie Ihrer liebsten Person (zum Beispiel) einen Strauss Herbstblumen. Vielleicht mit Karten für die beginnende Theater- und Konzertsaison. Oder reduzieren Sie die Arbeitszeit, oder, oder… Das ist — wir sind hier in einem Wirtschaftsblog — nicht romantisch gemeint: Die grosse Liebe ist (auch finanziell) immer noch das Wertvollste.

Urs Birchler
Professor für Banking am Institut für Banking und Finance (IBF) an der Universität Zürich. Doktorat in Volkswirtschaftslehre; mehrjährige Tätigkeit als Direktionsmitglied bei der Schweizerischen Nationalbank, einschliesslich Vertretung der SNB im Basler Ausschuss für Bankenaufsicht; Aufbau und Leitung der Research Task Force des Basler Ausschusses. Forschungsschwerpunkte: Banken, Finanzmärkte, Regulierung, Informationsökonomik.

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