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Die Frankenstärke in Perspektive gesetzt

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Seit der Finanzkrise hält die vielzitierte Frankenstärke Exporteure und Politiker auf Trab. Vor nicht langer Zeit war der Franken noch unterbewertet. Ein Blick zurück. Bild: wikimediahttps://commons.wikimedia.org/wiki/File:F%C3%BCnffranken.jpg Der Franken ist momentan stark, zu stark sagen viele. Das Klagen der Schweizer Exporteure über ihre erodierende Wettbewerbsfähigkeit zieht sich wie ein roter Faden durch die Wirtschaftsteile der Schweizer Gazetten. Ein Blick zurück zeigt: Der Schweizer Franken ist seit dem Übergang zu flexiblen Wechselkursen im Jahre 1973 eine Geschichte trendmässiger nomineller Aufwertung. Trotzdem, die helvetische Devise kannte auch längere Phasen der Unterbewertung. Die rote Linie auf der folgenden Abbildung zeigt die Entwicklung des Werts des Schweizer Frankens gegenüber einem Währungskorb aus 24 Ländern, gewichtet nach Exportanteilen der Schweizer Wirtschaft. Seit das Bretton-Woods-System fixer Wechselkurse im Jahre 1973 aufgegeben wurde, hat die hiesige Währung fast um das Vierfache aufgewertet. Nominelle und reale Entwicklung des Werts des Schweizer Frankens gegenüber einem Währungskorb aus 24 Ländern seit dem Übergang zu flexiblen Wechselkursen im Jahre 1973. Monatsdurchschnitte, Startwert im Januar 1973 normiert auf 100. Quelle: Schweizerische Nationalbankhttps://www.iconomix.

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Seit der Finanzkrise hält die vielzitierte Frankenstärke Exporteure und Politiker auf Trab. Vor nicht langer Zeit war der Franken noch unterbewertet. Ein Blick zurück.

Die Frankenstärke in Perspektive gesetzt

Bild: wikimediaDie Frankenstärke in Perspektive gesetzthttps://commons.wikimedia.org/wiki/File:F%C3%BCnffranken.jpg

Der Franken ist momentan stark, zu stark sagen viele. Das Klagen der Schweizer Exporteure über ihre erodierende Wettbewerbsfähigkeit zieht sich wie ein roter Faden durch die Wirtschaftsteile der Schweizer Gazetten. Ein Blick zurück zeigt: Der Schweizer Franken ist seit dem Übergang zu flexiblen Wechselkursen im Jahre 1973 eine Geschichte trendmässiger nomineller Aufwertung. Trotzdem, die helvetische Devise kannte auch längere Phasen der Unterbewertung.

Die rote Linie auf der folgenden Abbildung zeigt die Entwicklung des Werts des Schweizer Frankens gegenüber einem Währungskorb aus 24 Ländern, gewichtet nach Exportanteilen der Schweizer Wirtschaft. Seit das Bretton-Woods-System fixer Wechselkurse im Jahre 1973 aufgegeben wurde, hat die hiesige Währung fast um das Vierfache aufgewertet.

Die Frankenstärke in Perspektive gesetztDie Frankenstärke in Perspektive gesetzt

Nominelle und reale Entwicklung des Werts des Schweizer Frankens gegenüber einem Währungskorb aus 24 Ländern seit dem Übergang zu flexiblen Wechselkursen im Jahre 1973. Monatsdurchschnitte, Startwert im Januar 1973 normiert auf 100. Quelle: Schweizerische Nationalbankhttps://www.iconomix.ch/de/service/glossar/details/detail/default/nationalbank/ (SNB)

Ökonomisch sind nominelle Grössen indes selten entscheidend. Ausschlaggebend ist hier die Entwicklung der realen Wechselkurse, also der um die Inflationsdifferenz korrigierten nominellen Wechselkurse (durch die blaue Linie dargestellt). Gemäss der relativen Kaufkraftparitätstheorie, die oft zur Erklärung langfristiger Wechselkursbewegungen herangezogen wird, sollten sich die realen Wechselkurse langfristig nicht trendmässig in eine Richtung bewegen.

Tatsächlich reflektieren gut drei Viertel der nominellen Frankenaufwertung bloss die in der Schweiz im Vergleich zu unseren wichtigsten Handelspartnern geringere Teuerung. Dennoch, auch real betrachtet lässt sich eine leichte Tendenz zur Aufwertung des Frankens erkennen. Kumuliert seit 1973 ergibt dies eine reale Aufwertung von stolzen 64%.

Aufwertung führt nicht zwingend zu Überbewertung

Von einer Aufwertung auf eine Überbewertung zu schliessen, greift zu kurz. Überbewertet ist der Franken dann, wenn er stärker ist als er gemäss einem «fairen Wechselkurs» sein sollte. Und es gibt keinen Grund anzunehmen, dass der Vergleichswert in der Vergangenheit dem «fairen Kurs» entsprach. Zudem ist der «faire Wechselkurs», den man auch als «Gleichgewichtskurs» bezeichnen kann, nicht nur schwer zu bestimmen, er ändert sich auch über die Zeit.

Beide Aspekte sind für die Beurteilung der Wechselkursentwicklung des Frankens zentral. Das Bretton-Woods-System hat bis 1973 zu einer chronischen Unterbewertung der Schweizer Währung geführt. Das fixe Wechselkursregime hat verhindert, dass der Franken und andere Devisen gegenüber dem Dollar als Folge der expansiven Geldpolitik in den USA aufwerteten. Daher ist die Aufwertung zu Beginn der oben dargestellten Zeitreihe eine Korrektur dieser Unterbewertung.

Des Weiteren zeigen Ernst Baltensperger und Peter Kugler in einer kürzlich erschienenen UntersuchungDie Frankenstärke in Perspektive gesetzthttp://dievolkswirtschaft.ch/de/2016/09/wie-der-franken-zu-seiner-staerke-kam/, dass der Gleichgewichtskurs des Frankens gegenüber wichtigen Weltwährungen auch real einem Aufwertungstrend folgt. Mit anderen Worten: Der Franken wertet trendmässig stärker auf als sich durch die Entwicklung der Preisniveaus erklären lässt. Der Hauptgrund dafür ist – vereinfacht gesagt – das hohe Produktivitätswachstum im Schweizer Exportsektor, das auch im Inlandsektor die Löhne und Preise ansteigen lässt. Dieser Mechanismus ist in Ökonomenkreisen als Balassa-Samuelson-Effekt bekannt.

Aktuelle Überbewertung, Unterbewertung in den Nullerjahren

Seit 1999 schätzt die Forschungsabteilung der Credit Suisse in regelmässigen Abständen die fairen Wechselkurse zwischen den wichtigsten Handelswährungen und vergleicht diese mit den Marktkursen. Die wesentlichen Inputs für die Schätzungen sind die oben beschriebenen: Die Inflationsdifferenz zwischen den betreffenden Ländern sowie der Effekt der Produktivitätsentwicklungen im Export-https://www.iconomix.ch/de/service/glossar/details/detail/default/export/ und Inlandsektor (Balassa-Samuelson-Effekt). Dazu kommen weitere ökonomische Variablen wie das Nettoauslandvermögen und Unterschiede in den Realzinsen.

Die folgende Grafik zeigt den Handelskurs sowie den von der CS geschätzten «fairen» Wert des Euro/Franken-Wechselkurses. Aus den oben beschriebenen Gründen steigt der «faire» Wert des Frankens gegenüber den Währungen der meisten Industrienationen trendmässig an, so auch gegenüber dem Euro. Während ein Euro bei seiner Einführung gemäss dem Gleichgewichtskurs noch rund CHF 1.60 kostete, wird heute ein Preis von CHF 1.25 als «fair» angesehen.

Die Frankenstärke in Perspektive gesetztDie Frankenstärke in Perspektive gesetzt

Verlauf des EUR/CHF-Wechselkurses: Handelskurs und von der CS-Forschungsabteilung geschätzter «fairer» Kurs. Quelle Daten: Credit Suisse, Grafik aus Handelszeitung (8.1.2016) Der Mythos vom starken Franken

Die ersten Jahre des Euro waren von einer Abwertung desselben geprägt, was gemäss den CS-Ökonomen nach einer anfänglich fairen Bewertung zu einer Überbewertung des Frankens führte (rot schraffierte Fläche). Danach wendete sich das Blatt. Ab 2003 setzte eine rund acht Jahre dauernde Phase der Unterbewertung des Frankens gegenüber dem Euro ein (grün schraffierte Fläche). Der Kurs stieg auf fast CHF 1.70 pro Euro während der Gleichgewichtskurs bei gut 1.40 lag. Manche mögen bei einer derartigen Abwertung der helvetischen Devise unser nationales Selbstbewusstsein in Gefahr sehen, für die Exporteure waren es aber rosige Zeiten. Eine Firma, die Löhne und Mieten in Franken bezahlt und im Euroraum fakturiert, erzielte bei einem Kurs von 1.65 gegenüber dem fairen Kurs von 1.45 eine um knapp 15% höhere Marge.

Die starke Frankenaufwertung ab 2010 bis zur Einführung der Wechselkursuntergrenze von CHF 1.20 pro Euro im September 2011 war gemäss den CS Schätzungen zu einem grossen Teil eine Korrektur der Unterbewertung. Während die Untergrenze in Kraft war (September 2011 bis Januar 2015), notierte der Franken gegenüber dem Euro nahe am Gleichgewichtskurs. Erst nach der Aufhebung der Untergrenze war der Franken deutlich überbewertet. Allerdings war der Franken gemäss den CS-Ökonomen nie so stark überbewertet wie er zu Spitzenzeiten im Jahr 2007 unterbewertet war.


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David Staubli,
Ökonom, MSc der Universität Basel, Doktorand und Lehrassistent an der Universität Lausanne.

Dies ist ein Gastbeitrag. Inhaltlich verantwortlich ist der jeweilige Autor, die jeweilige Autorin.

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