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Die Auswirkungen der Islamischen Revolution und des Iran-Irak-Krieges auf die Einkommensungleichheit im Iran

Summary:
Wie wirken sich großangelegte politische Veränderungen wie Revolutionen und Kriege auf die Einkommensverteilung innerhalb eines Landes aus? Für den Iran zeigt unsere Schätzung[ a ]: die Einkommensungleichheit hat durch die Revolution und den Iran-Irak-Krieg abgenommen. Soziale Revolutionen, Kriege und Einkommensungleichheit: Der Fall Iran. Die iranische Revolution begann im Januar 1978 als eine Reihe von städtischen Unruhen, Demonstrationen und Streiks und führte zum Sturz der Pahlavi-Monarchie im Februar 1979. Es wird geschätzt, dass rund zehn Prozent der iranischen Bevölkerung zumindest an einem dieser Proteste, die zum Sturz der Monarchie führten, beteiligt waren. Solche Schätzungen machen die iranische Revolution zu einem Musterbeispiel für revolutionäre Bewegungen mit einer

Topics:
Mohammad Reza Farzanegan, Mohammad Ali Kadivar considers the following as important:

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Wie wirken sich großangelegte politische Veränderungen wie Revolutionen und Kriege auf die Einkommensverteilung innerhalb eines Landes aus? Für den Iran zeigt unsere Schätzung[ a ]: die Einkommensungleichheit hat durch die Revolution und den Iran-Irak-Krieg abgenommen.

Soziale Revolutionen, Kriege und Einkommensungleichheit: Der Fall Iran.

Die iranische Revolution begann im Januar 1978 als eine Reihe von städtischen Unruhen, Demonstrationen und Streiks und führte zum Sturz der Pahlavi-Monarchie im Februar 1979. Es wird geschätzt, dass rund zehn Prozent der iranischen Bevölkerung zumindest an einem dieser Proteste, die zum Sturz der Monarchie führten, beteiligt waren. Solche Schätzungen machen die iranische Revolution zu einem Musterbeispiel für revolutionäre Bewegungen mit einer der höchsten Beteiligungsraten im 20. und 21. Jahrhundert (Chenoweth und Stephan, 2012[ b ], und Kurzman, 2004[ c ]).

Etwa ein Jahr nach dem Sturz der Monarchie führte die irakische Invasion an den südwestlichen Grenzen des Iran zu einem achtjährigen Krieg, einem der längsten zwischenstaatlichen Kriege des 20. und 21. Jahrhunderts. Wie Walt (1997)[ d ] erklärt, ist es durchaus üblich, dass sich gesellschaftliche Revolutionen mit Kriegen überschneiden. Da Revolutionen das regionale Gleichgewicht der Bedrohungslage verändern, ist es sehr wahrscheinlich, dass postrevolutionäre Situationen zu zwischenstaatlichen Kriegen führen.

Gewaltsame Ereignisse wie Seuchen oder Staatszerfall gehören zu den Schocks, die in der Vormoderne zu einem Rückgang von Ungleichheit[ e ] geführt haben. Bestehende Forschungsergebnisse[ f ] weisen auch darauf hin, dass Naturkatastrophen die Einkommensungleichheit in der Neuzeit verringern können. Die quantitative Forschung über die Auswirkungen von Revolutionen und Kriegen auf die Einkommensungleichheit ist jedoch relativ jung. In ihrer vergleichenden Analyse der französischen, russischen und chinesischen Revolutionen argumentierte Skocpol (1979)[ g ], dass diese Revolutionen zu egalitäreren Gesellschaften geführt haben. In einer vergleichenden Analyse der mexikanischen, bolivianischen und kubanischen Revolutionen von unten und der peruanischen Revolution von oben kam Eckstein (1982)[ h ] zu der Schlussfolgerung, dass diese Revolutionen zu egalitäreren Gesellschaften führten, obwohl die Gewinne der einkommensschwachen Gruppen in den Konsolidierungsphasen der revolutionären Regimes am höchsten waren. Scheidel (2018)[ e ] dokumentierte, dass die russische Revolution durch Zwangsmaßnahmen wie die Beschlagnahmung von Land, Kollektivierung privater Unternehmen, Organisation der Produktion durch staatliche Zuteilung, Verfolgung der Bourgeoisie und Entkulakisierung, das Ausmaß der Einkommensungleichheit im Lande reduzierte. Auch die chinesischen Kommunisten verringerten die Ungleichheit durch gewaltsames Vorgehen gegen die Grundbesitzerklasse, die Beschlagnahmung und Umverteilung von Land, sowie die Enteignung der städtischen Industrie. Ähnliche Ergebnisse wurden auch von anderen revolutionären kommunistischen Regierungen oder jenen erzielt, die nach dem Zweiten Weltkrieg durch sowjetische Besatzungen eingesetzt wurden.

Ähnlich wie Revolutionen haben auch Kriege, welche Bürger im großen Maße mobilisiert haben, durch verschiedene Mechanismen wie die physische Zerstörung von Reichtum, Inflation (welche Reichtum entwertet), Rentenkontrolle, Verstaatlichung von Industrien und Einführung progressiver Steuern, eine Minderung von Einkommensungleichheit bewirkt. Hohe Steuern und insbesondere progressive Steuern wurden in Europa, den USA und in Japan als Teil der Kriegsbemühungen während der Weltkriege eingeführt (Obinger und Petersen, 2017[ i ]; Scheidel, 2018[ e ]). Eine länderübergreifende Analyse von vier Ländern, die während des Ersten Weltkriegs mobilisiert wurden, und von vier Ländern, in denen dies nicht der Fall war, stützt das Argument, dass die Mobilisierung für den Krieg zur Forderung nach einer höheren Besteuerung der Wohlhabenden und deren Umsetzung in den mobilisierenden Ländern führte. Während sich die Bürger an der Kriegsfront aufopferten, entstand die Erwartung, dass die Wohlhabenden für die Kosten des Krieges aufkommen würden. Dies führte zur Entstehung eines neuen Gesellschaftspakts zu Beginn der beiden Weltkriege. Auch auf individueller Ebene zeigen Umfragedaten, dass die Befürwortung höherer Steuersätze für Wohlhabende nach dem Angriff auf Pearl Harbor in den USA deutlich zunahm (Scheve und Stasavage, 2010[ j ]). In ähnlicher Weise zeigt eine länderübergreifende Differenzanalyse der Höchststeuersätze in 19 Ländern zwischen 1816 und 2000, dass die Massenmobilisierung durch den Krieg zur progressiven Besteuerung von Erbschaften beigetragen hat, während die Ausweitung des Wahlrechts keine großen Auswirkungen auf die Besteuerung hatte (Scheve und Stasavage, 2012[ k ]).

Die reduzierenden Auswirkungen von Revolutionen und Kriegen auf die Einkommensungleichheit sind beides moderne Phänomene des 20. Jahrhunderts, da vormoderne Kriege oder Rebellionen nicht in solch intensiven und massiven Ausmaßen stattfanden. Der Großteil der Forschung konzentrierte sich dementsprechend auf die Auswirkungen der beiden Weltkriege, und die wichtigsten Studien haben solche Auswirkungen für kommunistische Revolutionen dokumentiert. Frühere Revolutionen, wie die Französische Revolution, scheinen viel moderatere Auswirkungen auf die Einkommens- und Vermögensungleichheit zu haben (Piketty, 2020[ l ]; Scheidel, 2018[ e ]).

Die Schlussfolgerungen in der Literatur über die Auswirkungen von Revolutionen auf die Verringerung der Einkommensungleichheit basieren meist auf Beobachtungsdaten aus den sozialistischen Revolutionen des 20. Jahrhunderts. Auch die Argumentation über die Auswirkungen von Kriegen auf die Einkommensungleichheit stützt sich meist auf die Folgen der beiden Weltkriege. Wir erweitern diese Literatur, indem wir den Fall der Iranischen Revolution und des darauffolgenden Krieges mit dem Irak untersuchen.

Islamische Revolution, Iran-Irak-Krieg und ihre Auswirkungen auf die Einkommensungleichheit

Erstmals verwenden wir die synthetische Kontrollmethode (SCM), um einen kontrafaktischen Iran zu konstruieren, der weder eine Revolution noch einen Krieg erlebt hat, um das Niveau der Ungleichheit mit dem tatsächlichen Iran zu vergleichen, der eine Revolution und einen Krieg erlebt hat. Die Anwendung dieser Methodik hilft uns, die Schlussfolgerungen der bestehenden Literatur über Beobachtungsdaten und Korrelationen hinaus zu erweitern.

Der SCM-Ansatz in dieser Studie wählt optimal eine Reihe von Gewichtungsfaktoren aus, die dann auf eine Gruppe entsprechender Länder angewandt werden, um eine bestmöglich geschätzte kontrafaktische Darstellung des tatsächlichen Irans, welcher von Revolution und Krieg betroffen war, zu erhalten. Dieses kontrafaktische Modell, das als "synthetischer Iran" bezeichnet wird, soll zeigen, wie sich die Einkommensungleichheit im Iran entwickelt hätte, wenn die Revolution und der Krieg nie stattgefunden hätten. Es handelt sich um eine starke Verallgemeinerung der Differenz-in-Differenzen-Strategie (Cunningham, 2021[ m ]).

Mittels zweier Datenquellen für Einkommensungleichheit, welche die Einkommensverteilung mit unterschiedlichen Methoden messen, zeigen wir, dass der gemeinsame Effekt von Revolution und Krieg auf die Einkommensungleichheit im Iran sowohl in Bezug auf die Größe des Effekts als auch auf seine statistische Aussagekraft signifikant war.

Ein übliches Problem bei der synthetischen Kontrollmethode ist die Frage, ob das Ergebnis durch den Pool der Länder beeinflusst wird, die bei der Konstruktion des synthetischen Irans verwendet wurden. Diese Länder sind wichtig, da wir unsere Vorhersagen über den synthetischen Iran auf der Grundlage der Beziehung zwischen den Kontroll- und Ergebnisvariablen dieser Länder zusätzlich zum vorrevolutionären Iran entwickeln. Wir sind dieses Problem auf zwei Weisen angegangen. Zum einen haben wir einen Sensitivitätstest durchgeführt, bei dem wir die Analyse neu implementiert haben, indem wir jedes Mal eines der Länder aus dem Länderpool weggelassen haben. Zum anderen führte die Verwendung eines alternativen Maßes für die Einkommensungleichheit zu anderen Gewichtungen für die Länder aus dem Länderpool. Unser Hauptergebnis blieb hinsichtlich der statistischen Signifikanz und der beachtlichen Größe des Effekts unverändert, obwohl wir verschiedene Modellierungsstrategien in unserer synthetischen Kontrollmethode getestet haben.

Warum haben der Krieg und die Revolution zu einer signifikanten Verringerung der Einkommensungleichheit im Iran geführt?

Während unsere Daten zum iranischen Gini-Index eine quantitative Analyse der möglichen Mechanismen nicht zulassen, stützen wir uns auf bestehende Berichte über die iranische Wirtschaft während der Revolution und des Krieges sowie auf andere relevante Datenquellen, um die Mechanismen zu erläutern, die diesen Wandel herbeigeführt haben. Unser Argument ist, dass die Revolution und der Krieg das Niveau der Einkommensungleichheit im Iran dadurch verringert haben, dass es einen Einkommensverlust bei den Höchstverdienern im Land gab, und nicht, weil die unteren Einkommensschichten profitiert haben.


Wir danken Niklas Brock und Sven Fischer für ihre hilfreichen Kommentare.

©KOF ETH Zürich, 3. Mär. 2022

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