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Schicksalswahlen

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Blick über Rio de Janeiro. (Bild: Pixabay) Ein Richtungsstreit zwischen rechtspopulistischer PSL und linksgerichteter Arbeiterpartei PT bestimmt die Präsidentschaftswahlen in Brasilien. Ohne Reformen droht dem Land eine tiefgreifende Rezession, darüber sind sich verschiedene Marktkommentatoren einig. Rund 145 Millionen Brasilianer wählen am kommenden Sonntag und voraussichtlich am 28. Oktober in einer Stichwahl ihren neuen Präsidenten. "Die Präsidentschaftswahlen in Brasilien mit dem ersten Wahlgang am 7. Oktober werden von der Korruption des gesamten politischen Establishments und einer Zeit des rasanten wirtschaftlichen Niedergangs bestimmt. Beides hat dazu geführt, dass die brasilianischen Wähler mehr als jemals

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Blick über Rio de Janeiro. (Bild: Pixabay)

Ein Richtungsstreit zwischen rechtspopulistischer PSL und linksgerichteter Arbeiterpartei PT bestimmt die Präsidentschaftswahlen in Brasilien. Ohne Reformen droht dem Land eine tiefgreifende Rezession, darüber sind sich verschiedene Marktkommentatoren einig.

Rund 145 Millionen Brasilianer wählen am kommenden Sonntag und voraussichtlich am 28. Oktober in einer Stichwahl ihren neuen Präsidenten. "Die Präsidentschaftswahlen in Brasilien mit dem ersten Wahlgang am 7. Oktober werden von der Korruption des gesamten politischen Establishments und einer Zeit des rasanten wirtschaftlichen Niedergangs bestimmt. Beides hat dazu geführt, dass die brasilianischen Wähler mehr als jemals zuvor in der Geschichte des Landes gespalten und unzufrieden sind", kommentiert Edwin Gutierrez, Head of Emerging Market Sovereign Debt bei Aberdeen Standard Investments, die Rahmenbedingungen vor dem ersten Wahlgang.

"Das Land braucht durchgreifende, unpopuläre Wirtschaftsreformen, um die aufgeblähte Regierung zu reduzieren, dem hohen Haushaltsdefizit zu begegnen und die steigenden Sozialversicherungsausgaben zu senken", sagt Thomas Rutz, Fondsmanager der MainFirst Emerging Markets Funds.

Auch Pablo Riveroll, Head of Latin American Equities bei Schroders weist auf die Notwendigkeit einer Reform hin: "Sollte die Regierung nicht in der Lage sein, eine ausreichend konventionelle Wirtschaftspolitik zu betreiben, ist es wahrscheinlich, dass die Reaktion des Anleihe- und Devisenmarktes die Regierung dazu zwingen wird, einen orthodoxeren politischen Rahmen in Betracht zu ziehen." Er ist zwar überzeugt, dass die Probleme angegangen werden. Der Weg dahin sowie der Zeitrahmen seien jedoch davon abhängig, wer die Wahl gewinnt.

Erwartet wird ein Kopf-an-Kopf-Rennen
Zwei Kandidaten haben derzeit gute Chancen auf das Amt: der Abgeordnete und frühere Militär Jair Bolsonaro von der rechtspopulistischen Partido Social Liberal (PSL) und der Ex-Bürgermeister von Sao Paulo, Fernando Haddad, der für die linksgerichtete Arbeiterpartei PT antritt. Er wurde kurzfristig als Kandidat für das Bündnis nominiert, nachdem der populäre Ex-Präsident Luiz Inácio Lula da Silva wegen seiner Verurteilung in einem Korruptionsprozess zugunsten Haddads auf die Kandidatur verzichtet hatte. Die Marktkommentatoren erwarten ein Kopf-an-Kopf-Rennen über zwei Wahlgänge, da keiner der Kandidaten in der ersten Runde mehr als 50% der Stimmen erhalten dürfte. "Eine Stichwahl unter diesen beiden Kandidaten erscheint uns schon jetzt fast sicher", sagt Rutz. Der Favorit der Investoren und Kandidat der Mittelschicht, Geraldo Alckmin, sei dagegen "praktisch chancenlos".

Bei Umfragen hat aktuell Jair Bolsonaro mit 28 bis 30% die Nase vorn. Die Umfragewerte von Fernando Haddad sind in den letzten Wochen allerdings von einstelligen Prozentzahlen auf 18 bis 22% geklettert, nachdem der ehemalige Präsident Lula da Silva ihn unterstützt hatte. Die meisten Hochrechnungen für den zweiten Wahldurchgang zeigen, dass beide Kandidaten gleichauf liegen. Laut Alejandro M. Cruz, Emerging Markets Ökonom bei Standish, einer Marke von BNY Mellon Asset Management North America, ist Bolsonaro der Favorit der Märkte, da von ihm erwartet wird, dass er marktfreundliche Reformen vorantreibt – einschliesslich einer Sozialversicherungs-Reform – um die Verschlechterung der Finanzlage einzudämmen. "Ein Sieg von Bolsonaro kann zu einer Aufwertung der lokalen Währung und einer Rallye der Anleihen führen", analysiert Cruz und fährt fort: "Haddad könnte auf mehr staatliche Intervention drängen und einige der von der aktuellen Regierung beschlossenen Reformen rückgängig machen. Dies könnte sich negativ auf die brasilianischen Vermögenswerte auswirken."

Investoren beobachten die Situation vorsichtig
"Sowohl ausländische als auch einheimische Investoren halten momentan nur sehr wenige Positionen in Brasilien, da die erste Runde näher rückt. Dies spiegelt sich im Handel mit Termingeschäften wider, der stetig rückläufig ist. Wenn Bolsanaro gewinnt, dann sollten wir eine Trendwende mit einer Erholungsrallye bei brasilianischen Vermögenswerten und eine Rückkehr zu lokalen Investitionen sehen, die seit etwa 2012 zum Erliegen gekommen sind", prognostiziert Edwin Gutierrez, von Aberdeen Standard Investments. Dieser Sicht schliesst sich Mike Hugman vom Investec Emerging Markets Fixed Income Team an: Wenn Bolsonaro siege, werde es Raum für bedeutende mikro- und makroökonomische Reformen geben. Er geht in diesem Fall davon aus, dass an den Aktien- und vor allem an den Kreditmärkten eine Rally über 3 bis 6 Monate beginnen würde.

Thomas Rust von MainFirst sieht die Ausweitung des Spreads des Credit Default Swaps (CDS) in Brasilien und der Korrektur des brasilianischen Aktienmarktes als ein Zeichen dafür, dass die Finanzmärkte die mit dem Ausgang der Präsidentschaftswahlen verbundenen Risiken bereits eingepreist haben und auch nach dem kommenden Sonntag vorerst stabil bleiben sollten. Mittelfristig jedoch würden Investoren sehr genau hinschauen, ob der nächste gewählte Präsident ein glaubwürdiges und reformfreudiges Wirtschaftsprogramm verfolgt. Ist dies nicht der Fall, muss mit einer Verschlimmerung der Lage gerechnet werden", so Rutz.


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