Nicholas Gartside, International Chief Investment Officer der Fixed Income, Currency and Commodities Group von J.P. Morgan Asset Management. Nicholas Gartside, International Chief Investment Officer der Fixed Income, Currency and Commodities Group von J.P. Morgan Asset Management, äussert sich im Interview über die Vorteile eines benchmarkunabhängigen Konzepts, die aktuellen Herausforderungen anlässlich der einsetzenden Zinsdivergenz und die Segmente, welche aktuell Chancen für Anleiheninvestoren bieten. Herr Gartside, wie kam es vor vier Jahren dazu, dass Sie gemeinsam mit Robert Michele und Iain Stealey einen neuartigen flexiblen Anleihenfonds aufgelegt haben? Nicholas Gartside: In den komplexen Anleihenmärkten der heutigen Zeit fällt es klassischen eindimensionalen, benchmarkorientierten Fonds langfristig schwerer, ein attraktives Rendite-Risikoprofil zu bieten. Denn über einen Marktzyklus hinweg gibt es für die unterschiedlichen Anleihensektoren wechselnde Herausforderungen. In einem reinen traditionellen Staatsanleihenfonds – jahrzehntelang ein "sicherer Anlagehafen" – besteht angesichts steigender Renditen die Gefahr, reale Kapitalverluste zu erleiden.
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Nicholas Gartside, International Chief Investment Officer der Fixed Income, Currency and Commodities Group von J.P. Morgan Asset Management, äussert sich im Interview über die Vorteile eines benchmarkunabhängigen Konzepts, die aktuellen Herausforderungen anlässlich der einsetzenden Zinsdivergenz und die Segmente, welche aktuell Chancen für Anleiheninvestoren bieten.
Herr Gartside, wie kam es vor vier Jahren dazu, dass Sie gemeinsam mit Robert Michele und Iain Stealey einen neuartigen flexiblen Anleihenfonds aufgelegt haben?
Nicholas Gartside: In den komplexen Anleihenmärkten der heutigen Zeit fällt es klassischen eindimensionalen, benchmarkorientierten Fonds langfristig schwerer, ein attraktives Rendite-Risikoprofil zu bieten. Denn über einen Marktzyklus hinweg gibt es für die unterschiedlichen Anleihensektoren wechselnde Herausforderungen. In einem reinen traditionellen Staatsanleihenfonds – jahrzehntelang ein "sicherer Anlagehafen" – besteht angesichts steigender Renditen die Gefahr, reale Kapitalverluste zu erleiden. Deshalb ist es wichtig, die Allokation anpassen zu können und dynamisch, flexibel und ohne Einschränkung einer Benchmark – respektive zu enger Anlagerichtlinien – das gesamte Anleihenspektrum ausnutzen zu können. Diese Überlegungen führten dazu, dass wir vor vier Jahren begonnen haben, eine opportunistische "unconstrained" Strategie umzusetzen. Mit Robert Michele, der als gobaler Chief Investment Officer unserer Fixed Income Gruppe in New York sitzt und Iain Stealey, unserem Head of Global Aggregate Strategies, mit dem ich eng in London zusammenarbeite, verfügen wir über die globalen Ressourcen, die für ein Produkt wie den Global Bond Opportunities Fund nötig sind. Denn Basis der Strategie ist, dass wir unsere jeweils besten Investment-Ideen im Portfolio umsetzen. Dadurch, dass wir als Team breit aufgestellt sind, haben wir immer einen grossen Fundus möglicher Ideen, aus denen wir unsere Asset Allocation ableiten.
Was steckt hinter diesen "Investmentideen"?
Es ist der Vorteil unseres dynamischen und flexiblen Konzepts, dass der Fonds die besten Ideen unserer globalen Teams abbilden kann. Dies schaffen wir, indem wir unseren Top-down-Ansatz mit einem disziplinierten und transparenten Entscheidungsprozess kombinieren, der bottom-up vorgeht. Insgesamt arbeiten über 200 Analysten an 15 verschiedenen Standorten mit daran. Um die Vielzahl an Informationen effektiv bündeln zu können, haben wir ein eigenes Analysesystem etabliert, das fundamentale, quantitative und technische Faktoren berücksichtigt. Im nächsten Schritt geht es um die konkrete Zusammenstellung des Portfolios. Wir gewichten einzelne Positionen nach Risiko, sprich: Jede einzelne Idee muss sich gemessen am eingegangenen Risiko lohnen. Im nächsten Schritt blicken wir auf Korrelationen zu wichtigen Risikoindikatoren wie beispielsweise Aktien, Staatsanleihen, Öl oder dem Euro. In einem weiteren Schritt modellieren wir die Duration. Dabei ist uns einerseits wichtig, wann und wie lange wir mit Erträgen rechnen können, und andererseits, wie sensibel unser Portfolio auf Zinsänderungsrisiken reagieren wird. Wir untersuchen die Duration zudem auf verschiedenen Zeitebenen, betrachten kurzfristige, mittelfristige und langfristige Zeiträume und leiten daraus unsere Einschätzung ab. Dabei spielt vor allem die empirische Duration eine Rolle.
Welches Ertragsziel ist damit realistisch?
Wir versuchen, den Barclays-Multiverse-Index zu übertreffen, ohne uns an dessen Struktur zu orientieren. Dieser Index kommt unserem Fonds zumindest vom Umfang der enthaltenen Anleihesektoren von Staats- bis Hochzinsanleihen recht nahe. Er berücksichtigt Schwellenländer-Bonds ebenso wie die Papiere aus Industrieländern. Hinzu kommen Titel mit Investment-Grade aber eben auch High-Yield-Anleihen. Unser konkretes Ertragsziel hängt immer massgeblich davon ab, welche Opportunitäten sich uns im jeweiligen Umfeld bieten. In den vergangenen vier Jahren konnten wir trotz des herausfordernden Umfelds gute Chancen wahrnehmen, so dass wir seit Auflegung einen Ertrag pro Jahr von 3,19 Prozent nach Kosten erzielt haben.
Mit welchem Risiko müssen die Anleger rechnen?
Im Rahmen unseres dynamischen Prozesses akzeptieren wir Volatilitäten zwischen fünf und zehn Prozent, was für einen Anleihefonds zugegebenermassen recht hoch ist. Aber es kann Chancen geben, die ein solches Risiko rechtfertigen würden. In den vergangenen vier Jahren lag die Volatilität lediglich bei 3,8 Prozent.
Wie sieht es mit Währungspositionen aus?
Wir suchen Chancen am Anleihemarkt. Währungen nehmen dabei bewusst eine untergeordnete Rolle ein.
Sichern Sie während Stressphasen das Risiko ab?
Wir nutzen Devisentermingeschäfte, um Währungsrisiken zu reduzieren. Bund-Futures und andere Staatsanleihen haben den Zweck, unsere Duration kurzzeitig anzupassen. Andere Instrumente setzen wir kaum ein. Wir haben auch wenig Interesse daran, Bestände während temporärer Stressphasen zu verkaufen. Vielmehr lassen wir uns von unseren mittelfristigen fundamentalen Einschätzungen leiten. Zu diesem Ansatz gehört auch, dass wir uns während Phasen hoher Volatilität nicht aus unseren Positionen drängen lassen.
Wo liegen aktuell die grössten Herausforderungen?
Als Folge der Niedrigzinsphase ist das Angebot an Anleihen äusserst gross – um dieses effizient nutzen zu können, müssen Investoren flexibel sein. Auch wird es zunehmend schwieriger, attraktive Opportunitäten an den Anleihemärkten zu finden, da die Renditen weiterhin niedrig sind, sich die Risikoprämien eingeengt haben und die Volatilität steigt – das Ertragspotenzial startet in diesem Jahr von einem viel niedrigeren Niveau als noch 2016. Unser Ziel ist, diejenigen Segmente zu identifizieren, die unter risikoadjustierten Aspekten noch Potenzial bieten, und dabei die Duration flexibel zu steuern, denn die Durationsthematik erfüllt derzeit viele Anleger mit Sorge. Wir werden in diesem Jahr deshalb sehr global agieren und sehen beispielsweise trotz "Trump-Effekt" positive Chancen in den Schwellenländer-Bondmärkten. Durch den Paradigmenwechsel von der Geld- zur Fiskalpolitik erwarten wir insbesondere in den USA positive Impulse für Wachstum und Inflation, die sich in bis zu vier Zinsschritten der US-Notenbank manifestieren sollten. Dies führt dazu, dass wir US-Hochzinsanleihen einmal mehr als eine unserer besten Investmentideen identifiziert haben, denn ein festeres Wachstum und höhere Rohstoffpreise sollten das fundamentale Umfeld stärken. Es ist von weniger Zahlungsausfällen auszugehen und die Riskoaufschläge dürften einen Grossteil der Zinsanstiege auffangen.
Erfüllt Sie die Liquidität in solchen risikoreicheren Marktsegmenten mit Sorge?
In der Tat haben wir in einigen Teilmärkten, wie beispielsweise bei Unternehmensanleihen, zeitweise einen Liquiditätsengpass gesehen. Aber ich glaube nicht, dass es die eigentliche Liquidität ist, die den Märkten Sorge bereiten sollte, vielmehr können die Kosten der Liquidität ein Problem sein. Dadurch werden bestimmte Kursbewegungen verstärkt. Als flexible Investoren können wir diese Übertreibungen erkennen und daraus Vorteile für unsere Strategie ziehen. Solange sich Investoren auf die Liquiditätssituation einstellen können, sehe ich darin kein Problem.
Was passiert, wenn sich eine Ihrer Investment-Ideen als weniger gut herausstellt?
Gerade ein solcher Ansatz ohne Benchmark muss sich Fehler auch eingestehen. Wenn wir falsch liegen, korrigieren wir das zügig. Das Schöne an unserer Flexibilität ist, dass wir meist Alternativen finden, um eine falsche Entscheidung wiedergutzumachen. Wir haben in einzelnen Bereichen niemals grössere Verluste angesammelt.
Halten Sie Ihr Produkt für alle Marktphasen gerüstet, oder gibt es Situationen, die Ihrem Fonds zusetzen könnten?
Wir haben in den letzten vier Jahren erlebt, dass der Fonds gut durch verschiedene Marktphasen kommt. In Zeiten geringer Volatilität und enger Spreads können wir die Stärke unserer grossen Flexibilität allerdings nicht so gut ausspielen. In agileren Marktphasen – und wenn eines für dieses Jahr sicher ist, ist das eine steigende Volatilität – ergeben sich für einen Fonds wie den Global Bond Opportunities vielfältige Chancen, die wir dank unseres flexiblen Ansatzes wahrnehmen können.