Eine populäre Schlussfolgerung des berühmten Marshmallow-Experiments: Sozial benachteiligte Personen entscheiden impulsiv und zu wenig zukunftsbezogen. Dass diese zu kurz greift, zeigt eine neue Studie. Bild: wikimediahttps://commons.wikimedia.org/wiki/File:White_Marshmallows.jpg – John Morgan Beim 1970 erstmals vom amerikanischen Psychologen Walter Mischel durchgeführte Marshmallow-Experiment müssen sich Kinder entscheiden: Wollen sie sofort ein Marshmallow vernaschen oder sind sie geduldig genug, vorerst darauf zu verzichten und dafür am Ende des Experiments zwei Marshmallows zu erhalten. Einen amüsanten Einblick in den Versuchsablauf bietet dieses Videohttps://www.youtube.com/watch?v=QX_oy9614HQ. Sozial benachteiligte Kinder greifen öfters zu Mit dem Experiment wollte Mischel ursprünglich die Strategien zum Belohnungsaufschub bei 4- bis 6-jährigen Kindern untersuchen. Erst Jahre später zeigte die Auswertung der Lebensläufe der ehemaligen Probanden Erstaunliches: Die Kinder, die es geschafft hatten, für eine spätere Belohnung auf den sofortigen Konsum zu verzichten, waren als Erwachsene signifikant erfolgreicher. Inzwischen gibt es eine Vielzahl an Folgeexperimenten, unter anderem auch von Mischel selbst. Bei diesen zeigte sich insbesondere, dass Kinder aus sozial benachteiligten Verhältnissen signifikant öfter den sofortigen Konsum des einen Marshmallows wählen.
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Eine populäre Schlussfolgerung des berühmten Marshmallow-Experiments: Sozial benachteiligte Personen entscheiden impulsiv und zu wenig zukunftsbezogen. Dass diese zu kurz greift, zeigt eine neue Studie.
Beim 1970 erstmals vom amerikanischen Psychologen Walter Mischel durchgeführte Marshmallow-Experiment müssen sich Kinder entscheiden: Wollen sie sofort ein Marshmallow vernaschen oder sind sie geduldig genug, vorerst darauf zu verzichten und dafür am Ende des Experiments zwei Marshmallows zu erhalten. Einen amüsanten Einblick in den Versuchsablauf bietet dieses Videohttps://www.youtube.com/watch?v=QX_oy9614HQ.
Sozial benachteiligte Kinder greifen öfters zu
Mit dem Experiment wollte Mischel ursprünglich die Strategien zum Belohnungsaufschub bei 4- bis 6-jährigen Kindern untersuchen. Erst Jahre später zeigte die Auswertung der Lebensläufe der ehemaligen Probanden Erstaunliches: Die Kinder, die es geschafft hatten, für eine spätere Belohnung auf den sofortigen Konsum zu verzichten, waren als Erwachsene signifikant erfolgreicher.
Inzwischen gibt es eine Vielzahl an Folgeexperimenten, unter anderem auch von Mischel selbst. Bei diesen zeigte sich insbesondere, dass Kinder aus sozial benachteiligten Verhältnissen signifikant öfter den sofortigen Konsum des einen Marshmallows wählen. Die populäre Schlussfolgerung: Kinder aus prekärem Umfeld sind generell weniger geduldig als Gleichaltrige aus besseren Verhältnissen. Sie entscheiden impulsiv, ohne die Konsequenz des eigenen Handelns durchzudenken.
Geduldig ist, wer es sich leisten kann
Doch eine neue Studiehttp://pss.sagepub.com/content/early/2016/04/26/0956797616640269.abstract von Psychologieprofessorin Melissa Surge-Apple und fünf weiteren Forschern und Forscherinnen zeigt nun, dass diese populäre Schlussfolgerung zu kurz greift: Sozial benachteiligte Kinder entscheiden nicht impulsiver, vielmehr ist der Entscheid für den sofortigen Marshmallow-Konsum und den entsprechenden Verzicht auf eine zweite Süssigkeit wohl überlegt.
Für Kinder in prekären Situationen, die nicht wissen, wann es die nächste Mahlzeit gibt, sei es natürlich und entsprechend auch rational, sich für den sofortigen Konsum zu entscheiden, so Surge-Apple. Denn sind Kinder von klein auf Entbehrungen und schwierigen Lebensumständen ausgesetzt, entwickeln sie Strategien, die der stressigen Situation Rechnung tragen. Und das auch, wenn sich diese langfristig auf das eigene Wohl negativ auswirken.
So sind die Umstände im kontrollierten Experiment zwar dieselben für alle Kinder, die Realität – welche die Entscheidung im Rahmen des Marshmallow-Tests prägt – ist für Kinder aus gut und schlecht situierten Haushalten aber eine andere.
Der folgende Blogartikel aus der Washington Post gibt einen guten Überblick über die Studie von Surge-Apple et al. und erklärt, inwiefern sie für Massnahmen im Rahmen der Armutsbekämpfung relevant ist:
The Washington Post. The big problem with one of the most popular assumptions about the poor.https://www.washingtonpost.com/news/wonk/wp/2016/06/08/the-problem-with-one-of-the-most-popular-assumptions-about-the-poor/?tid=sm_tw (08.06.2016)
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Für das iconomix-Team, Laura Felber