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Gratis-Milliarden für die Banken?

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Die NZZaS ist in ein Minenfeld getreten. In der heutigen Ausgabe (S. 25) behauptet Albert Steck , die SNB müsse den Banken demnächst Milliarden Franken zahlen. Der Grund: Am kommenden Donnerstag wird die SNB vermutlich die Periode der Negativzinsen auf Giroguthaben beenden. Die Autoren bei der NZZaS schliessen daraus, die Nationalbank müsse inskünftig den Banken positive Zinssätze auf deren Sichteinlagen bei der SNB (den sogenannten Giroguthaben) vergüten. Bei einem Bestand von fast 700 Mrd. würde dann jeder Prozentpunkt 7 Mrd. Franken mehr Zins kosten (mehr als die SNB heutzutage jährlich maximal an Bund und Kantone ausschüttet). Ich nehme an, die kantonalen Finanzdirektor/innen waren nach der morgendlichen Lektüre ebenso wach wie die Kassenwarte der Banken — wenn auch aus

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Die NZZaS ist in ein Minenfeld getreten. In der heutigen Ausgabe (S. 25) behauptet Albert Steck , die SNB müsse den Banken demnächst Milliarden Franken zahlen. Der Grund: Am kommenden Donnerstag wird die SNB vermutlich die Periode der Negativzinsen auf Giroguthaben beenden. Die Autoren bei der NZZaS schliessen daraus, die Nationalbank müsse inskünftig den Banken positive Zinssätze auf deren Sichteinlagen bei der SNB (den sogenannten Giroguthaben) vergüten. Bei einem Bestand von fast 700 Mrd. würde dann jeder Prozentpunkt 7 Mrd. Franken mehr Zins kosten (mehr als die SNB heutzutage jährlich maximal an Bund und Kantone ausschüttet).

Ich nehme an, die kantonalen Finanzdirektor/innen waren nach der morgendlichen Lektüre ebenso wach wie die Kassenwarte der Banken — wenn auch aus gegenteiligen Gründen. Meinerseits fragte ich mich: Wann hat die SNB beschlossen, die Giroguthaben künftig positiv zu verzinsen? Die Idee der NZZaS, ab nächstem Donnerstag würden die Giroguthaben der Banken verzinst, ist in den Publikationen und der Kommunikation der SNB nicht zu finden. Auch dass die Verzinsung der Giroguthaben dem SNB-Leitzins folgen müsste, steht m.W. nirgends (sachdienliche Hinweise werden verdankt).

Die SNB hat auf die Sichteinlagen der Banken über hundert Jahre lang mit einer gewissen Selbstverständlichkeit einen Zins von null bezahlt. Auf Banknoten zahlt sie schliesslich auch keinen Zins. Doch so einfach ist es nicht. Eine positive Verzinsung der Giroguthaben ist der Elefant im Raum der Geldpolitik, spätestens seitdem die Negativzinsen eingeführt wurden. Wer negative Sätze befürwortet, kann konzeptionell auch positive Sätze kaum mehr ausschliessen. In einem Artikel in der SZW bezeichnet Chefjurist Martin Plenio die Zinssätze auf Giroguthaben denn auch ganz neutral als geldpolitisches Instrument. Auch bei der Erläuterung der geldpolitischen Instrumente auf der SNB-homepage heisst es lakonisch-neutral: „Die Verzinsung der Sichtguthaben zählt ebenfalls zu den geldpolitischen Instrumenten.“

Die NZZaS hat den Elefanten geweckt und ins Minenfeld geschickt. Sprengstoff hat es genug: Finanziell geht es, wie erwähnt um rund 7 Mrd. Franken pro Zins-Prozentpunkt. Das ist ziemlich genau so viel, wie der Bund für die Sicherheit (Armee etc.) ausgibt. Mit jeder Zinserhöhung um einen Prozentpunkt könnte sich die SNB (bzw. ihre Ausschüttungsberechtigten) also eine Armee weniger leisten.

Auch konzeptionell steht einiges auf dem Spiel. Die eine Sicht: Die SNB soll den Banken auf ihren Giroguthaben einen marktgerechten Zins bezahlen; der Wettbewerb zwingt die Banken, die Zinsen an ihre Einleger weiterzugeben. Dadurch verbilligt sich für das Publikum die Geldhaltung. Dies kommt, da das Geld das Öl im Wirtschaftsmotor ist, der gesamten Wirtschaft zugute. Der Vorteil ist allerdings für die Einzelnen genauso unsichtbar wie früher die Kosten der Nicht-Verzinsung der Giroguthaben.

Die andere Sicht: Der Gewinn aus Geldschöpfung gehört dem Staat, d.h. erstinstanzlich der SNB, letztinstanzlich (via Gewinnausschütung) den Kantonen und dem Bund. Wenn die SNB also einen Gewinn erzilelt, weil sie zinstragende Anlagen hält, aber auf ihren Schulden (Banknoten und Giroguthaben) keinen Zins zahlt, ist dies vertretbar.

Der pragmatische Mittelweg könnte lauten: Zwar leuchtet ein, dass eine Verzinsung der Giroguthaben die gesamthaft effizienteste Lösung wäre. Dies aber nur, wenn die Banken ihre Zinseinnahmen auch weitestgehend an ihre eigene Einlegerschaft weitergeben. Falls dies nicht der Fall ist, ist die Nicht-Verzinsung der Giroguthaben vertretbar als eine relativ effiziente Steuer, effizienter als andere Steuern, mittels derer die Zinsen auf Giroguthaben (bzw. die entsprechenden Ausfälle bei den Ausschüttungen an Bund und Kantone) ansonsten finanziert werden müssten.

Der Blick ins Ausland: Die amerikanische Federal Reserve bezahlt geldpolitisch variable Zinsen auf den Reservekonti der Banken (Mindestreserven plus Überschussreserven); gegenwärtig beträgt der Satz 2,40 Prozent. Die EZB verzinst lediglich die Mindestreserven, gegenwärtig mit 0,50 Prozent.

Wie man sich auch stellt: Das Thema ist wohl das letzte, was die Nationalbank vermisst hätte. Genauso wie Kinder irgendeines Tages fragen, wo die Babies herkommen, musste bei Einführung der Negativzinsen aber klar sein, dass eines Tages die Frage kommen müsste: Und was, wenn die Zinslandschaft wieder einmal in den positiven Bereich steigt?

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Urs Birchler
Professor für Banking am Institut für Banking und Finance (IBF) an der Universität Zürich. Doktorat in Volkswirtschaftslehre; mehrjährige Tätigkeit als Direktionsmitglied bei der Schweizerischen Nationalbank, einschliesslich Vertretung der SNB im Basler Ausschuss für Bankenaufsicht; Aufbau und Leitung der Research Task Force des Basler Ausschusses. Forschungsschwerpunkte: Banken, Finanzmärkte, Regulierung, Informationsökonomik.

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