Summary:
In seinem stellvertretend für die Juso geschriebenen Gastbeitrag zur Initiative „Keine Spekulation mit Nahrungsmitteln“ argumentiert Professor Gunter Stephan, dass ein bestimmtes Verhalten von Marktteilnehmern die ansonsten gut funktionierenden Märkte negativ beeinflussen können. Das stimmt in dieser generellen Form absolut. Ob dies auf den konkreten Fall der Rohstoffanlagen auch tatsächlich zutrifft, ist eine ganz andere Frage. Soviel sei zu Beginn vorweggenommen: Würde die Juso ebenso sachlich argumentieren wie die von ihr beauftragten Experten, liesse sich ein zielführender Dialog führen. An dessen Ende stünde dann ein nachhaltiger, wohlstandsfördernder Finanzplatz und nicht ein durch eine Verbotskultur geprägter Überwachungsstaat. Professor Gunter Stephan untermauert die Problematik im Nahrungsmittelbereich mit zwei Beispielen, in denen der Preisausschlag prozentual viel höher liegt als der Ernteausfall. Richtigerweise erwähnt er, dass auch eine preisunelastische Nachfrage für die Beobachtung relevant sein könnte. Wieso der Konjunktiv? Die Nachfrage nach Grundnahrungsmitteln wird in jedem Lehrbuch als Illustrationsbeispiel eines preisunelastischen Guts gesehen. Gerade Protesten der Bevölkerung gegen Preishaussen, wie beispielsweise für Tortillas in Mexiko, illustrieren dies.
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In seinem stellvertretend für die Juso geschriebenen Gastbeitrag zur Initiative „Keine Spekulation mit Nahrungsmitteln“ argumentiert Professor Gunter Stephan, dass ein bestimmtes Verhalten von Marktteilnehmern die ansonsten gut funktionierenden Märkte negativ beeinflussen können. Das stimmt in dieser generellen Form absolut. Ob dies auf den konkreten Fall der Rohstoffanlagen auch tatsächlich zutrifft, ist eine ganz andere Frage.
Soviel sei zu Beginn vorweggenommen: Würde die Juso ebenso sachlich argumentieren wie die von ihr beauftragten Experten, liesse sich ein zielführender Dialog führen. An dessen Ende stünde dann ein nachhaltiger, wohlstandsfördernder Finanzplatz und nicht ein durch eine Verbotskultur geprägter Überwachungsstaat.
Professor Gunter Stephan untermauert die Problematik im Nahrungsmittelbereich mit zwei Beispielen, in denen der Preisausschlag prozentual viel höher liegt als der Ernteausfall. Richtigerweise erwähnt er, dass auch eine preisunelastische Nachfrage für die Beobachtung relevant sein könnte. Wieso der Konjunktiv? Die Nachfrage nach Grundnahrungsmitteln wird in jedem Lehrbuch als Illustrationsbeispiel eines preisunelastischen Guts gesehen. Gerade Protesten der Bevölkerung gegen Preishaussen, wie beispielsweise für Tortillas in Mexiko, illustrieren dies. Tortillas werden unabhängig vom Preis konsumiert, und jede Verteuerung schmälert das verbleibende Einkommen. Stark preistreibend wirken in diesen Phasen auch die im Gastbeitrag erwähnten Panikkäufe in Erwartung noch höherer Preise.
Bei den als Beispiele herangezogenen Extremereignissen steigt nicht nur die Nachfrage im problematischsten Moment. Just dann fällt auch das Angebot der auf dem Weltmarkt verfügbaren Nahrungsmittel unter das bereits reduzierte Erntevolumen. In diesen Perioden werden Lebensmittel gehortet. Diese zusätzliche Nahrungsmittelverknappung hat zwei Gründe: Einerseits erlassen Regierungen (z.B. Indien) Exportverbote als Vorsorgemassnahme für die eigene Bevölkerung, andererseits horten Produzenten Nahrungsmittel physisch in der Hoffnung auf höhere Preise. Externe Schocks wie Missernten lösen also Prozesse in der Lagerhaltung aus, die sich für die Bevölkerung negativ auswirken können.
Die Juso-Initiative tastet die Probleme im physischen Markt nicht an, sondern will Termingeschäfte zwischen zwei Finanzintermediären verbieten. Wieso dies eine gute Idee ist, wissen wir auch nach gründlicher Lektüre des Gastkommentars nicht. Es ist nicht nachzuvollziehen, weshalb ein Finanzkontrakt in einem liquiden Markt, bei dem der Käufer steigende Preise und der Verkäufer fallende Preise erwartet, den Marktpreis systematisch verzerrt – und überdies den Preis des zugrunde liegenden Nahrungsmittel gleich mit. Darüber hinaus ist kein anderer Wertpapiermarkt so strikt reguliert und transparent wie die Terminbörse.
Es überrascht deshalb nicht, dass die Wissenschaft auf breiter Front eine robuste Beeinflussung der Nahrungsmittelpreise nicht nachweisen konnte. Wo in Papieren dennoch von signifikanten Resultaten berichtet wird, fehlen eine Beurteilung der ökonomischen Relevanz des Einflusses der Spekulation oder der Nachweis der Übertragung der dadurch ausgelösten Verzerrung von den grossen Handelsplätzen auf die lokalen Märkte in den Entwicklungsländern. Und genau diese sind für die lokale Bevölkerung relevant. Von NGO-Seite wird beispielsweise prominent auf das Papier von Tang und Xiong (2012) verwiesen, das den Einfluss von Indexfonds auf die Korrelation zwischen den Preisen verschiedener Getreidesorten nachweist 1. Dieses zur Begründung der Wirksamkeit der Initiative heranzuziehen ist ein Paradebeispiel der unzulässigen Überinterpretation von wissenschaftlichen Resultaten. Kurz: Man präsentiert eine Lösung für ein Problem, das nie nachgewiesen wurde. Dabei wäre die wirksame Adressierung des Welthungers die dringendste Aufgabe der Einflussreichen.
Prof. Stephan zeigt die wahre Problematik formidabel auf. Preisschwankungen – sowie die durch Subventionen in den Industriestaaten gedrückten Weltmarktpreise - sind Gift für Investitionen in den Entwicklungsländern. Ohne diese gibt es jedoch keine Versorgungssicherheit. Es ist ein Skandal, dass in vielen Ländern ein beträchtlicher Teil der angebauten Nahrungsmittel verrottet. Deshalb sind Gegenmassnahmen Pflicht für alle Entscheidungsträger. Aber bitte wirksame Efforts anstelle romantischer Initiativen oder Mickey Mouse Einträgen auf Facebook.
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1 Tang, Ke und Xiong, Wie (2012) Index Investment and the Financialization of Commodities, Financial Analyst Journal 68(6), S. 54-74.
In seinem stellvertretend für die Juso geschriebenen Gastbeitrag zur Initiative „Keine Spekulation mit Nahrungsmitteln“ argumentiert Professor Gunter Stephan, dass ein bestimmtes Verhalten von Marktteilnehmern die ansonsten gut funktionierenden Märkte negativ beeinflussen können. Das stimmt in dieser generellen Form absolut. Ob dies auf den konkreten Fall der Rohstoffanlagen auch tatsächlich zutrifft, ist eine ganz andere Frage. Soviel sei zu Beginn vorweggenommen: Würde die Juso ebenso sachlich argumentieren wie die von ihr beauftragten Experten, liesse sich ein zielführender Dialog führen. An dessen Ende stünde dann ein nachhaltiger, wohlstandsfördernder Finanzplatz und nicht ein durch eine Verbotskultur geprägter Überwachungsstaat. Professor Gunter Stephan untermauert die Problematik im Nahrungsmittelbereich mit zwei Beispielen, in denen der Preisausschlag prozentual viel höher liegt als der Ernteausfall. Richtigerweise erwähnt er, dass auch eine preisunelastische Nachfrage für die Beobachtung relevant sein könnte. Wieso der Konjunktiv? Die Nachfrage nach Grundnahrungsmitteln wird in jedem Lehrbuch als Illustrationsbeispiel eines preisunelastischen Guts gesehen. Gerade Protesten der Bevölkerung gegen Preishaussen, wie beispielsweise für Tortillas in Mexiko, illustrieren dies.
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